Sonntag, 22. März 2009

bergneurosen

jetzt glauben sicher meine leser, dass mit den bergneurosen ich gemeint bin. weit gefehlt!
mein porter wartete gestern, wie vereinbart, um 13 uhr am main bus stand in mcleodganji auf mich.
zuvor war ich mit angela aus schweden (und finnland) um die residenz des dalai lama herumgewandert, die von stacheldrahtzaun eingezaeunt und von indischen soldaten bewacht ist.
einige der tibetischen besucher nahmen ihre muetzen ab und beruehrten die mauer mit ihrer stirn.
wir besuchten auch das tibetmuseum, das angenehm klein und ueberschaubar ist und mit eindrucksvollen bildern und texten die geschichte der vereinnahmung tibets durch china, des widerstands und des exils zeigt.
mein porter gab ein zeichen der wiedererkennung von sich, als ich am main bus stand ankam und deutete nach oben, gen himmel, worauf ich nickte. er nahm meinen rucksack, ich verabschiedete mich von angela, dann drehte ich mich um, und - mein porter war verschwunden. ich konnte ihn nicht mehr sehen!
ich dachte, der hat ja ein tempo drauf und wollte mich schon beeilen, um ihn zu erreichen, da deutete ein anderer porter nach oben (gen himmel), und ich sah meinen porter auf dem dach eines busses, wo er gerade meinen rucksack ordentlich verstaute.
sofort runterkommen, deutete ich mit haenden und fuessen an, und der andere porter sagte etwas abfaellig, dass mein porter kein englisch kann (und wollte damit andeuten, dass ich lieber ihn haette nehmen sollen).
beinahe waere mein rucksack also in pathankot oder so gelandet.
als sowohl porter und rucksack wieder auf dem erdboden waren, gingen wir los.
er voraus, ich hinterher, in seinen fussstapfen.
nach einigen minuten fing es an zu troepfeln, dann fing es an zu hageln, schliesslich fing es an zu schuetten. da waren wir aber schon so weit gekommen, dass wir in der naehe eines tea stalls waren, wo wir uns unterstellen konnten.
ich kaufte meinem porter einen tee. wir sassen ungefaehr zwanzig minuten da, mit vielen anderen menschen, die schutz vor dem regen gesucht hatten.
als es nur noch troepfelte, gingen wir weiter, einen sehr schoenen steinweg in einem wald. so gingen wir schweigend ungefaehr zwanzig minuten, dann fragte er: "come from?"
ich antwortete, und wir gingen weiter.
oben angekommen, war er natuerlich nicht zufrieden ueber das geld, das er von mir bekam (sagte aber auch keinen preis), doch ich hatte den wirt meines guesthouses nach dem angemessenen preis gefragt und nochmal 50% auf diese summe draufgelegt und eigentlich gedacht, dass er sich vielleicht freut oder so, aber darauf wartet man vergeblich.
man koennte schliesslich immer mehr geld geben und noch mehr und noch mehr. und "germany is a rich country", deshalb sagt man oft gar nicht so gern, dass man von da kommt.
ich gratulierte mir zu meinem entschluss in die berge zu ziehen. sass auf der terrasse (es regnete nicht mehr) und trank einen tee nach dem anderen, schaute mich um, streckte die beine aus.
ich waehlte schliesslich wegen des wetters nicht das zimmer mit den fenstern in drei himmelsrichtungen, sondern ein zimmer, das etwas geschuetzter lag und auch ein eigenes badezimmer (mit heisswasser und europaeischer toilette) hatte. ich ass ein sandwich, ich schaute die buecher durch, die dort auf einer ablage gestapelt waren.
ich hatte das gefuehl, im urlaub zu sein.
es kam ein junges deutsches paar an, die momentan die einzigen anderen gaeste in meinem guesthouse sind. schnell war ich in ihre abreiseprobleme verwickelt, denn sie muessen in ein paar tagen nach delhi, bloss wie usw.
es schien ein riesiges problem zu sein, dabei gibt es mindestens 30 verschiedene laeden in mcleodganji, die busfahrten nach delhi anbieten.
schliesslich entschieden sie sich fuer ein taxi, buchten, kamen dann wieder ins zweifeln, ueberlegten hin und her und diskutierten alle moeglichen wenns und abers, und ich diskutierte kraeftig mit.
fuer mich dachte ich: nachtbus deluxe und dann jugendherberge, das ist die beste loesung (so wie ich das naemlich mache). ich sagte es natuerlich auch, aber die beiden fanden den gedanken an eine jugendherberge offensichtlich nicht anziehend.
es war ziemlich kuehl. ich trug meine lange unterwaesche, drei schichten kleidung und die tibetische jacke (schoen, nicht doof!), die ich hier gekauft habe, sowie eine dicke wollmuetze. da ich in den fuessen fror, nahm ich ein heisses fussbad.
dann nahm ich auf der terrasse ein wunderbares, warmes abendessen zu mir und fiel ziemlich bald ins bett, schlief mit zwei schichten kleidung und drei decken, von denen die eine ungefaehr 5 kilo wiegt, tief und fest, bis der morgen kam.
nach dem fruehstueck (banana porridge und cheese sandwich) ging ich mit den beiden deutschen, die in berlin wohnen, zu einem anderen guesthouse in der naehe, weil es dort so schoene thangkas (tibetische mandalamalereien) geben sollte.
es war ein ziemliches luxusguesthouse, mit alten moebeln, ausblick auf die hoechsten schneegipfel, eingeglaster veranda, holzkamin, bibliothek, teppichen usw., aber die mandalamalereien waren ausgebleichte reproduktionen, und wir setzten uns hin und tranken kaffee und tee zu europaeischen preisen.
wir liessen uns die preisliste fuer die zimmer geben und schlackerten ziemlich mit den ohren, da ein zimmer ungefaehr ausserhalb der saison ungefaehr das zwanzigfache kosten sollten, was wir in sagar cottage bezahlen.
die besitzerin war aus england/irland, und war offensichtlich ziemlich gestresst. was die preise anging, so fand ich sie voellig unangemessen, und ich glaube sie auch, denn sie verwickelte sich selber staendig in rechtfertigungen, gab irgendwelche versprechungen ab (dass es billiger wuerde, wenn man laenger bleiben wuerde) und wurde am ende sogar pampig, als wir unsere getraenke getrennt zahlen wollten.
das ganze machte auf mich einen ziemlich unangenehmen eindruck.
ich wuerde sagar cottage sowieso gegen kein anderes guesthouse tauschen wollen. bijar, der dort arbeitet, ist ein wunderbar freundlicher und angenehmer mensch. man braucht nur sagen, was man will und gleich rennt er und holt es und bereitet es zu.
er hat ein schoenes laecheln. er ist ein ausgezeichneter koch.
als ich heute vormittag mit ihm auf der terrasse (es ist eine grasflaeche) sass (ich sass an einem tisch, er hockte in einer ecke mit ausblick auf das dorf baghsu), hoerte ich etwas, das wie kindergeschrei klang, und ich fragte ihn, ob das kinder seien.
er sagte, nein, jemand ist gestorben.
von oben konnte man einen grossen trauerzug sehen, der durch das dorf ging, und jetzt hoerte ich auch, dass es klageschreie waren und keine spielenden kinder.
er sagte, es war ein achtzehnjaehriges maedchen. sie ist in der nacht gestorben. sie war die kusine des tea stall besitzers ganz in der naehe von meinem guesthouse, bei dem ich gestern ein snickers gekauft habe, und er war deshalb heute nicht da.
jetzt bin ich in mcleodganji, um "letzte erledigungen" zu machen. morgen moechte ich gern eine wanderung zur schneegrenze machen, die durch ein gebiet mit bluehenden rhododendronbueschen fuehrt.
und dann faengt mein kurs an. ob ich mich vorher noch einmal melde, weiss ich nicht.
es geht mir jedenfalls gut, und ich hoffe, euch allen auch.

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

ja, es geht uns gut :) mama und ich waren gestern beim inder und da hab ich an dich gedacht und die indischen bedienungen ganz genau beobachtet... danach hab ich gleich noch ein buch über einen indienreisenden gekauft ! du siehst- ich versuche bei dir zu sein!:)

Sabine Neumann hat gesagt…

oh wie lieb.