Sonntag, 22. März 2009

bergneurosen

jetzt glauben sicher meine leser, dass mit den bergneurosen ich gemeint bin. weit gefehlt!
mein porter wartete gestern, wie vereinbart, um 13 uhr am main bus stand in mcleodganji auf mich.
zuvor war ich mit angela aus schweden (und finnland) um die residenz des dalai lama herumgewandert, die von stacheldrahtzaun eingezaeunt und von indischen soldaten bewacht ist.
einige der tibetischen besucher nahmen ihre muetzen ab und beruehrten die mauer mit ihrer stirn.
wir besuchten auch das tibetmuseum, das angenehm klein und ueberschaubar ist und mit eindrucksvollen bildern und texten die geschichte der vereinnahmung tibets durch china, des widerstands und des exils zeigt.
mein porter gab ein zeichen der wiedererkennung von sich, als ich am main bus stand ankam und deutete nach oben, gen himmel, worauf ich nickte. er nahm meinen rucksack, ich verabschiedete mich von angela, dann drehte ich mich um, und - mein porter war verschwunden. ich konnte ihn nicht mehr sehen!
ich dachte, der hat ja ein tempo drauf und wollte mich schon beeilen, um ihn zu erreichen, da deutete ein anderer porter nach oben (gen himmel), und ich sah meinen porter auf dem dach eines busses, wo er gerade meinen rucksack ordentlich verstaute.
sofort runterkommen, deutete ich mit haenden und fuessen an, und der andere porter sagte etwas abfaellig, dass mein porter kein englisch kann (und wollte damit andeuten, dass ich lieber ihn haette nehmen sollen).
beinahe waere mein rucksack also in pathankot oder so gelandet.
als sowohl porter und rucksack wieder auf dem erdboden waren, gingen wir los.
er voraus, ich hinterher, in seinen fussstapfen.
nach einigen minuten fing es an zu troepfeln, dann fing es an zu hageln, schliesslich fing es an zu schuetten. da waren wir aber schon so weit gekommen, dass wir in der naehe eines tea stalls waren, wo wir uns unterstellen konnten.
ich kaufte meinem porter einen tee. wir sassen ungefaehr zwanzig minuten da, mit vielen anderen menschen, die schutz vor dem regen gesucht hatten.
als es nur noch troepfelte, gingen wir weiter, einen sehr schoenen steinweg in einem wald. so gingen wir schweigend ungefaehr zwanzig minuten, dann fragte er: "come from?"
ich antwortete, und wir gingen weiter.
oben angekommen, war er natuerlich nicht zufrieden ueber das geld, das er von mir bekam (sagte aber auch keinen preis), doch ich hatte den wirt meines guesthouses nach dem angemessenen preis gefragt und nochmal 50% auf diese summe draufgelegt und eigentlich gedacht, dass er sich vielleicht freut oder so, aber darauf wartet man vergeblich.
man koennte schliesslich immer mehr geld geben und noch mehr und noch mehr. und "germany is a rich country", deshalb sagt man oft gar nicht so gern, dass man von da kommt.
ich gratulierte mir zu meinem entschluss in die berge zu ziehen. sass auf der terrasse (es regnete nicht mehr) und trank einen tee nach dem anderen, schaute mich um, streckte die beine aus.
ich waehlte schliesslich wegen des wetters nicht das zimmer mit den fenstern in drei himmelsrichtungen, sondern ein zimmer, das etwas geschuetzter lag und auch ein eigenes badezimmer (mit heisswasser und europaeischer toilette) hatte. ich ass ein sandwich, ich schaute die buecher durch, die dort auf einer ablage gestapelt waren.
ich hatte das gefuehl, im urlaub zu sein.
es kam ein junges deutsches paar an, die momentan die einzigen anderen gaeste in meinem guesthouse sind. schnell war ich in ihre abreiseprobleme verwickelt, denn sie muessen in ein paar tagen nach delhi, bloss wie usw.
es schien ein riesiges problem zu sein, dabei gibt es mindestens 30 verschiedene laeden in mcleodganji, die busfahrten nach delhi anbieten.
schliesslich entschieden sie sich fuer ein taxi, buchten, kamen dann wieder ins zweifeln, ueberlegten hin und her und diskutierten alle moeglichen wenns und abers, und ich diskutierte kraeftig mit.
fuer mich dachte ich: nachtbus deluxe und dann jugendherberge, das ist die beste loesung (so wie ich das naemlich mache). ich sagte es natuerlich auch, aber die beiden fanden den gedanken an eine jugendherberge offensichtlich nicht anziehend.
es war ziemlich kuehl. ich trug meine lange unterwaesche, drei schichten kleidung und die tibetische jacke (schoen, nicht doof!), die ich hier gekauft habe, sowie eine dicke wollmuetze. da ich in den fuessen fror, nahm ich ein heisses fussbad.
dann nahm ich auf der terrasse ein wunderbares, warmes abendessen zu mir und fiel ziemlich bald ins bett, schlief mit zwei schichten kleidung und drei decken, von denen die eine ungefaehr 5 kilo wiegt, tief und fest, bis der morgen kam.
nach dem fruehstueck (banana porridge und cheese sandwich) ging ich mit den beiden deutschen, die in berlin wohnen, zu einem anderen guesthouse in der naehe, weil es dort so schoene thangkas (tibetische mandalamalereien) geben sollte.
es war ein ziemliches luxusguesthouse, mit alten moebeln, ausblick auf die hoechsten schneegipfel, eingeglaster veranda, holzkamin, bibliothek, teppichen usw., aber die mandalamalereien waren ausgebleichte reproduktionen, und wir setzten uns hin und tranken kaffee und tee zu europaeischen preisen.
wir liessen uns die preisliste fuer die zimmer geben und schlackerten ziemlich mit den ohren, da ein zimmer ungefaehr ausserhalb der saison ungefaehr das zwanzigfache kosten sollten, was wir in sagar cottage bezahlen.
die besitzerin war aus england/irland, und war offensichtlich ziemlich gestresst. was die preise anging, so fand ich sie voellig unangemessen, und ich glaube sie auch, denn sie verwickelte sich selber staendig in rechtfertigungen, gab irgendwelche versprechungen ab (dass es billiger wuerde, wenn man laenger bleiben wuerde) und wurde am ende sogar pampig, als wir unsere getraenke getrennt zahlen wollten.
das ganze machte auf mich einen ziemlich unangenehmen eindruck.
ich wuerde sagar cottage sowieso gegen kein anderes guesthouse tauschen wollen. bijar, der dort arbeitet, ist ein wunderbar freundlicher und angenehmer mensch. man braucht nur sagen, was man will und gleich rennt er und holt es und bereitet es zu.
er hat ein schoenes laecheln. er ist ein ausgezeichneter koch.
als ich heute vormittag mit ihm auf der terrasse (es ist eine grasflaeche) sass (ich sass an einem tisch, er hockte in einer ecke mit ausblick auf das dorf baghsu), hoerte ich etwas, das wie kindergeschrei klang, und ich fragte ihn, ob das kinder seien.
er sagte, nein, jemand ist gestorben.
von oben konnte man einen grossen trauerzug sehen, der durch das dorf ging, und jetzt hoerte ich auch, dass es klageschreie waren und keine spielenden kinder.
er sagte, es war ein achtzehnjaehriges maedchen. sie ist in der nacht gestorben. sie war die kusine des tea stall besitzers ganz in der naehe von meinem guesthouse, bei dem ich gestern ein snickers gekauft habe, und er war deshalb heute nicht da.
jetzt bin ich in mcleodganji, um "letzte erledigungen" zu machen. morgen moechte ich gern eine wanderung zur schneegrenze machen, die durch ein gebiet mit bluehenden rhododendronbueschen fuehrt.
und dann faengt mein kurs an. ob ich mich vorher noch einmal melde, weiss ich nicht.
es geht mir jedenfalls gut, und ich hoffe, euch allen auch.

Freitag, 20. März 2009

die besonderheit von mcleodganji

die besonderheit von mcleodganji ist, dass man jedes mal, wenn man ein restaurant besucht, einen zettel und einen stift vorgelegt bekommt. darauf soll man seine bestellung notieren.
das erste mal sagte ich, was soll ich mit dem zettel, aber jetzt kenne ich mich schon aus und greife beim betreten des lokals sofort nach zettel und stift.
ich habe heute mit der schwedin angela (die uebrigens eine finnlandschwedin ist, was sich am ende unserer wanderung herausstellte, auf der wir ausschliesslich englisch sprachen) eine wunderbare ungefaehr sechsstuendige wanderung gemacht.
dabei habe ich auch ein guesthouse gefunden, in das ich morgen umziehen werde.
es ist etwa eine stunde fussweg (bergauf) von mcleodganji entfernt und liegt mitten in der natur. man hat aussicht auf viele berggipfel. das zimmer, das ich mir zeigen liess, hat grosse fenster in drei himmelsrichtungen.
ich muss mir morgen einen "porter" nehmen, weil ich mein gepaeck, das inzwischen ungefaehr 20 kg wiegt, nicht selber hochschleppen kann.
da es in meinem guesthouse ab morgen kein zimmer mehr fuer mich gibt, dachte ich, ich koennte gleich richtig zuschlagen und noch was besonderes machen.
nicht weit davon entfernt wohnt "meine" frau, bei der ich gestern minztee getrunken habe.
angela und ich versuchten auch heute, sie zu besuchen, aber sie war nicht zuhause. also assen wir mit zwei frauen und einem maedchen aus dem dorf eine packung kekse, die wir mitgebracht hatten, und gingen dann wieder zurueck. auch die bueffeldame war natuerlich wieder da (sie ist ja angebunden und kann nicht weg) und drehte uns heute neugierig ihren kopf zu.
ich kann zwar jeden tag nach mcleodganji kommen, aber ich verspreche erstmal keine taeglichen blogeintraege fuer die naechsten tage.
im "brothers in exile" ass ich eine nudelsuppe, aus gruenden der originalitaet. danach kaufte ich mir in der tibetischen baeckerei einen apfelkuchen.
im "green shop", wo man sehr schoene handgemachte tagebuecher aus recyceltem papier verkauft, begegnete mir eine franzoesin, die es fuerchterlich satt hatte, immer nur englisch zu reden (dabei verstand der alte mann in dem shop gar kein englisch) und sich gleich auf mich stuerzte, als sie merkte, dass ich ihren franzoesischen verzweiflungs-wortschwall verstand.
an einem dvd-stand kaufte ich zwei dokumentarfilme ueber tibet. der verkaeufer versprach mir, dass ich beim anschauen weinen wuerde, jedenfalls beinahe.
in meinem zimmer im "ladies venture" bildete sich ein feuchter fleck an der decke und ich ging, um bescheid zu sagen, aber der "mann fuer alles" sagte, das sei "no problem", das passiere andauernd, es sei irgendwas mit dem darueberliegenden badezimmer nicht in ordnung.
ich bin heute nicht vom weg abgekommen, bloss ueber einen stacheldrahtzaun geklettert, deshalb gibt es gar nicht so viel zu erzaehlen.
jetzt muss ich ein wenig arbeiten und hoffentlich geld verdienen.

Donnerstag, 19. März 2009

der ziegenweg und ein tee mit nanaminze

wolltet ihr die einzelheiten zu meiner verdauung hoeren? nur so viel: ich bin der modernen medizin sehr, sehr dankbar!
nachdem ich mich heute viel gesuender fuehlte, plante ich sogleich eine wanderung.
ich fruehstueckte wieder im "peace cafe" und stellte fest, dass ich nicht die einzige reisende bin, die sich rasch gewohnheiten zulegt, denn an genau den selben tischen wie gestern sassen genau die selben leute und assen genau die selben sachen wie gestern.
bloss ich ass was anderes, naemlich nudelsuppe mit gemuese und kaese. aus china weiss ich, dass das voellig in ordnung ist, zum fruehstueck eine suppe zu essen. und mir war einfach nicht mehr nach honigtoast zumute...
eine frau kam strahlend auf meinen tisch zu und fragte auf schwedisch, ob ich schwedisch spreche.
ja, sagte ich.
bist du schwedin?
nein, antwortete ich, aber ich wohne in schweden.
sie hatte meinen fjaell-raeven-rucksack gesehen und daraus geschlossen, dass ich schwedin sei.
sie entschuldigte sich sofort (auf englisch), sie wollte mich nicht stoeren, entschuldigung, falls sie mich vielleicht gestoert habe, also entschuldigung, entschuldigung. darauf zog sie sich zurueck.
dabei hatte ich gar nichts gesagt.
ich fand diese begegnung so typisch fuer schweden und die schweden, dass es mich beinah ein wenig deprimiert hat. waere ich echte schwedin gewesen (nicht nur ein mensch, der in schweden wohnt und schwedisch spricht), haette sie dann mit mir geredet?
ich ging spaeter dann jedenfalls zu ihr hin und erklaerte, dass die fjaell-raeven-rucksaecke einfach eine super qualitaet haben und nicht kaputt zu kriegen sind.
darauf entspann sich dann doch ein gespraech (auf englisch), mit dem resultat, dass ich vorgeschlagen habe, wir koennten morgen gemeinsam wandern gehen.
aber erstmal packte ich bananen, walnuesse, joghurt und wasser in meinen rucksack und machte mich allein auf den weg.
ich kaufte auch ein busticket fuer meine rueckfahrt nach delhi, kaufte dann noch eins, weil die zeiten besser waren, und brachte das andere ticket wieder zurueck, wobei ich natuerlich einen teil vom preis verlor (ungefaehr 2 euro).
macht doch nichts, sagte ich zu dem sauren inder, jetzt koennen sie das ticket doch noch einmal verkaufen.
ich wusste, dass es einen kleinen pfad gibt, der zu einem kleinen wasserfall fuehrt, und auch wenn kleine wasserfaelle mich nicht besonders interessieren, so sind sie doch immer ein gutes ziel fuer eine wanderung.
als ich von mcleodganji schon ziemlich hoch gestiegen war und die strasse sich in einen pfad verwandelt hatte, kam ich durch eine ansammlung von haeusern. ziegen und kuehe standen angepflockt herum, frauen waren mit irgendwelchen arbeiten beschaeftigt.
der pfad fuehrte genau zwischen diesen haeusern hindurch, und ich wurde ein wenig zoegerlich, aber eine junge indische frau winkte mich weiter. sie ging ein stueck mit mir (sie war mit der machete auf dem weg, weizen zu ernten) und fragte, ob ich vielleicht auf meinem rueckweg bei ihr ein glas tee trinken moechte.
wir verabredeten sogar eine zeit.
ich liess mir den weg zum wasserfall erklaeren (erst bergab, dann wieder bergauf) und trabte los.
ein junger inder sagte, der pfad, den ich gehen wolle, sei ein wenig "risky", aber wenn man aufpasse, koenne nichts passieren.
irgendwo habe ich mich dann offensichtlich verstiegen und bin viel zu hoch in die berge hinein gewandert. der pfad verwandelte sich in ein pfaedlein und hoerte dann irgendwie auf, und ich stand zwischen felsen und wusste nicht genau, wie ich weitergehen sollte. zurueck wollte ich nicht, aber nach vorne gab es nichts ausser ein wenig heruntergetrampeltes gras, steine und rutschspuren und abhaenge.
ich bewegte mich auf dem ziegenpfad weiter, glaube ich, es ging steil bergab, und es war nicht besonders lustig. ein paar mal trat ich ins leere, rutschte aus oder verhakte mich in einem ast. der weg war ausserdem gesaeumt von stacheligem gestruepp, unter dem ich mich wegzuducken versuchte, das trotzdem an mir kratzte und riss. ich ueberlegte natuerlich, was ich tun sollte, wenn ich mir den knoechel verstauchen oder sogar brechen wuerde, oder sonstwas...
irgendwann hatte ich dann wieder festeren boden unter den fuessen und sah den richtigen wanderpfad, den der indische mann als "risky" bezeichnet hatte, der aber im vergleich zu meinem abstieg eine art sonntagswanderweg war.
ich lief zum wasserfall, der ein schnuersenkelduennes rinnsal war und beeilte mich dann zurueck zu kommen, schliesslich hatte ich eine verabredung.
drei maenner mit roten haenden begegneten mir. ich fragte, warum sie rote haende haetten. sie haetten ein haus rot angemalt, sagten sie und zeigten in die richtung, wo das rote haus lag.
nach gut drei stunden anstrengender wanderung war ich schon ein wenig schwach und bewegte mich in zeitlupe vorwaerts.
die junge frau hatte schon auf mich gewartet und lud mich in ihr haus ein. das haus hatte ungefaehr eine grundflaeche von zehn quadratmetern, aber zwei stockwerke, in denen sie mit ihrem mann und ihren zwei kindern wohnte.
ich sollte mich aufs bett setzen. das zimmer war sehr einfach, aber sehr sauber. metallenes geschirr stand an den waenden aufgereiht. in einem kleinen regal waren in plastikschraubglaesern sachen, die man zum kochen braucht.
sie hatte frische minze gepflueckt. dann machte sie feuer an der herdstelle mit etwas holzspaenen und dann trockenen aesten, die sie langsam immer weiter hineinschob.
es kam eine nachbarin mit ihrer kleinen tochter mit dazu, setzte sich auf den boden und trank auch tee.
der ungefaehr zehnjaehrige sohn kam und setzte sich neben mich und erzaehlte, dass er sehr gerne kricket spielt und dass englisch sein lieblingsfach in der schule ist, wie seine englischlehrerin heisst, und dass er heute frei hat, weil irgendeine zeit nach einer pruefung ist.
seine schwester sei gerade in mcleodganji beim einkaufen.
die frau waermte auch ein paar chapati uber dem ofen, und alle in dem kleinen raum assen chapati und tranken tee. die zwei frauen unterhielten sich miteinander, der kleine junge unterhielt sich mit mir, und das kleine maedchen unterhielt sich mit dem hund duffy, der vor der tuer lag.
dort lag, ein paar treppenstufen tiefer, auch eine riesige bueffeldame, die mir ihr hinterteil zudrehte, das ich durch die offene tuer ausgiebig studieren konnte.
es war wirklich nett. die frau sagte, ich solle wiederkommen. ich gab ihr etwas geld, obwohl ich nie weiss, was in solchen situation angemessen ist.
spaeter habe ich mich in mcleodganji nach der moeglichkeit erkundigt, einen kochkurs fuer tibetisches essen zu machen. vielleicht lerne ich uebermorgen, wie man tibetische suppen macht.

Mittwoch, 18. März 2009

mein tag

dies war mein tag. ich hatte mehrere dinge vor. erstens wollte ich zum arzt gehen, zweitens mich wegen einer reisemoeglichkeit nach delhi erkundigen, drittens ein wenig shoppen.
die nacht war etwas kuehl und vor allem sehr hart. zwischendurch musste ich mich ein wenig anstrengen, um wieder einzuschlafen. ich kaufte mir gleich nach dem aufstehen ein paar handgestrickte wollsocken. mit meiner zimmergenossin, einer englaenderin, verabredete ich, am abend ins kino zu gehen.
wir wollen uns "slum dog millionaire" anschauen, ein film, von dem ich in den letzten wochen so viel in der zeitung gelesen habe, dass ich wirklich gluecklich bin, ihn mir jetzt anschauen zu koennen.
in indien ins kino, koennt ihr euch das vorstellen? es ist wie ein wunder...
ein weiteres wunder war mir beschert: ich konnte sofort nach dem fruehstueck (das ich im "peace cafe" zu mir nahm), in ein eigenes zimmer umziehen. es ist ein doppelzimmer mit schoenem ausblick. das fenster schliesst zwar nicht, aber dafuer habe ich sehr viele dicke decken. das badezimmer teile ich mit meinen zimmernachbarn.
ich erkundigte mich nach einem arzt und wurde zu einem doktor mawarh neben dem dalai lama tempel geschickt.
erst brachte ich meine waesche zum laundry service, da das waschen im guesthouse nicht erlaubt ist.
dann wanderte ich langsam richtung dalai lama tempel.
ich mag dharamsala. es hat eine wunderbare ausstrahlung. die tibeter sind freundlich und wirken modern. ich habe einen viel direkteren bezug zu ihnen als zu den indern. vor allem die frauen sehen selbstbewusst aus.
das schoenste laecheln haben die tibetischen moenche und nonnen, die einem auf schritt und tritt begegnen. haben die gar kein moenchs- und nonnenleben?, fragte ich mich heute. sie sitzen auf der sonnenterrasse im cafe und trinken cappuccino, sie lassen ihre schuhe putzen, sie trinken pepsi cola, sie kaufen turnschuhe, sie laufen herum und laecheln einen mit diesem wunderbaren laecheln an.
da ich etwas zeit hatte, bis mein doktor in die praxis kam, ging ich in den dalai lama tempel, wanderte ehrfuerchtig herum, betrachtete die wunderbaren wandmalereien und riesigen buddhafiguren und die pilger, die sich auf blankgewetzten brettern eins ums andre mal auf den boden warfen, ich kaufte ein paar buecher und ging dann zum doktor.
er stellte mir ein paar gezielte fragen, drueckte mir auf den bauch und auf den magen, steckte dann ein paar tabletten in ein tuetchen aus zeitungspapier und schrieb auf einen zettel, was ich essen darf (und vor allem, was nicht). ich glaube, dass ich in diesen tagen ziemlich viel abnehme, bei einer joghurt-toast-bananen-diaet...
natuerlich vertilgte ich im eifer des gefechts dann gleich die doppelte menge an verschriebenen tabletten: kann ich eigentlich gar nichts richtig machen?
er sagte, die krankheit braucht sieben tage, um auszubrechen und sie heilt nicht von selbst, weshalb ich jetzt antibiotika essen muss.
war es doch der tee in delhi, der mir den garaus gemacht hat?
nach einer ausgiebigen shoppingrunde (wie ausgiebig, berichte ich hier lieber nicht, aber es ist fuer einen guten zweck) ass ich im "brothers in exile", das bereits mein lieblingslokal geworden ist, eine schuessel gekochte kartoffeln in ingwerbruehe und trank einen kraeutertee dazu.
ich redete ein wenig mit dem hund, der zum cafe gehoert, nannte ihn "moppelchen", weil er ein sehr gut genaehrter spitz ist.
es gibt hier viele gut genaehrte hunde.
ein inder, der am nebentisch sass und eine rote pudelmuetze aus einem unsaeglichen, glaenzenden kunstfasermaterial trug, fragte mich, ob ich den namen des hundes wuesste.
nein, sagte ich.
handsome, sagte er und schnalzte ein wenig mit der zunge, um handsome zu sich zu locken. er kennt mich schon, sagte er laechelnd. dann bat er mich an seinen tisch, und ich setzte mich zu ihm.
er hiess swami und war meditationslehrer und reikimeister.
er begann, mir einen vortrag ueber meditation zu halten und darueber, dass es moeglich ist, dadurch frei zu werden. ich liess ihn reden, obwohl ich eigentlich keine lust drauf hatte, dass mir jemand einen vortrag haelt.
er versprach mir eine meditationsmethode, die wirklich gluecklich macht.
ich will eigentlich nur in dharamsala herumlaufen, sagte ich, und shoppen.
ich fand ihn doch irgendwie interessant und ging ein stueck mit ihm. er zeigte mir sein "behandlungslokal", das ein zimmer in einem guesthouse ist und nahm seine pudelmuetze ab, unter dem ein wirrer haarschopf zum vorschein kam. unter seiner gelben yogi-kleidung zeichnete sich ein ordentlicher kugelbauch ab.
er sagte, er sei sicher, dass unsere begegnung nicht zufaellig gewesen sei. erst der hund, handsome, dann haben wir angefangen, miteinander zu reden, so was passiere schliesslich nicht alle tage.
natuerlich war ich auf meiner hut, aber es gab nichts, was mein misstrauen erweckte.
ich glaube nicht, dass ich zu ihm gehe, um mir die meditationsmethode fuer "happiness" zeigen zu lassen. ich glaube auch nicht, dass ich sechs stunden mit ihm wandern gehe, wie er auch vorschlug.
aber der ausblick von seinem guesthouse war phantastisch.
ich habe uebrigens auch punkt drei erfuellt, mich wegen einer reisemoeglichkeit nach delhi erkundigt, und es sieht aus, als haette ich etwas gefunden, was meine beduerfnisse genau erfuellt.
und jetzt ist es zeit fuers kino.
ich liebe dharamsala!!

Dienstag, 17. März 2009

der verlust eines guesthouses und letzte station

liebe leser, die ihr es bis hierher ausgehalten habt! ich bin an meiner letzten station angekommen:
dharamsala. hier bleibe ich, bis es wieder zurueck nach delhi geht und dann zum flughafen. aber so weit bin ich noch nicht.
gestern abend in chandigarh habe ich mein guesthouse verloren.
dazu muss ich aber vielleicht erst erklaeren, wie ich es gefunden habe. ich hatte aus dem guidebook eine hotelempfehlung herausgesucht und liess mich von dem wiederstrebenden fahrradrikschafahrer dorthin fahren. er sagte, "fully booked", ich glaubte ihm aber nicht, weil ich den rikschafahrern irgendwie nicht so viel glaube, was natuerlich furchtbar ist, denn manchmal sprechen sie die wahrheit.
erst mal haute es mich vor dem hotel auf die schnauze und der rucksack fiel mir ueber beide ohren. ich rappelte mich wieder auf und kletterte die treppe des hotels hoch, um mir sagen zu lassen, das hotel sei "fully booked", es gaebe aber einhundert meter weiter ein hotel, in dem zimmer frei waeren.
als ich aus dem hotel ins freie trat, sprach mich ein lauernder mann an, ob ich ein guesthouse suche.
ich sagte natuerlich nein, weil ich in indien zu einem menschen voller misstrauen geworden bin.
der kleine lauernde mann liess mich aber nicht allein, folgte mir und wiederholte seine frage, bis ich ihn endlich anschnauzte, er solle mich jetzt in ruhe lassen, ich wuesste schon was, naemlich das hotel so-und-so.
ich ging zum empfohlenen hotel, liess mir ein scheussliches zimmer zeigen, einen horrenden preis sagen (der bereits die reduktion eines noch horrenderen preises war) und stand wenig spaeter wieder auf der strasse, so ziemlich am ende meines lateins. sollte ich vielleicht den nachtbus nach dharamsala nehmen? ein schrecklicher gedanke.
da tauchte der kleine lauernde mann wieder auf. taeuschte ich mich oder war in seinem gesicht ein gewisser triumph zu lesen?
guesthouse, ma'm?
na gut, sagte ich und schluckte meinen stolz hinunter, zeigen sie mir mal, was sie auf lager haben.
also fuehrte er mich ueber die strasse, in ein ruhiges wohnviertel hinein, wir bogen einmal rechts ab, dann wieder (oder links) und dann standen wir vor dem guesthouse, von dem ich gestern geschrieben habe.
der kleine mann begleitete mich dann noch einmal zurueck, zeigte mir den weg, und dieser war pipi-einfach, das viertel wirkte wohlhabend und gar nicht gefaehrlich. moppelige hunde sassen vor gartentoren, kinder spielten, frauen und maenner spazierten herum.
als ich dann, nach essen und internetbesuch, wieder zurueck wollte, fand ich das guesthouse nicht mehr.
ich ging ueber die strasse, in das wohnviertel hinein, dann einmal rechts, und dann wusste ich nicht mehr weiter. jetzt links oder rechts? ich probierte alles aus, aber ich fand einfach das guesthouse nicht.
um jetzt ein gestaendnis ueber mein leicht seltsames gehirn abzugeben, muss ich vielleicht einfuegen, dass ich kurze zeit sogar dachte, sie haetten das guesthouse-schild nur aufgehaengt, um mich zu taeuschen und einzufangen, und jetzt haetten sie es wieder weggetan, weshalb auch immer, um meine schmutzwaesche zu klauen?
ich fragte vater und sohn sikh, die ihren turban schon abgemacht hatten und mit barem haarknoten im garten ihres hauses mit irgendwas beschaeftigt waren (es war schon dunkel), aber sie konnten mir nicht helfen, was sie jedoch in ausgezeichnetem englisch formulierten.
als ich schliesslich noch ein wenig herumgeirrt war, fragte ich eine sikh-familie, einen mann und eine frau mit einer kleinen tochter, die einen mit kleinen spiegeln bedeckten anzug anhatte.
die frau wusste bescheid, und die familie begleitete mich zu meinem guesthouse. natuerlich gab mir der mann den guten rat, ich sollte naechstes mal die adresse aufschreiben...
und so sah das fruehstueck aus, das ich in meinem guesthouse zu mir nahm und das aus zitronentee und buttertoast bestand: heute morgen war ich also am long-distance-busbahnhof von chandigarh. wieder ein indisches wunder an sauberkeit und klarheit. ich konnte sogar einen jungen mit einem zucken meiner augenbrauen dazu bringen, eine serviette wieder aufzuheben, die er soeben auf den boden hatte fallen lassen.
ich hatte glueck: der bus fuhr bald ab, ich hatte einen sitzplatz und etwas miniproviant in meinem rucksack.
punjab gefiel mir eigentlich immer besser, je weiter noerdlich wir kamen. in meinem reisefuehrer hatte ich gelesen, dass dieser teilstaat relativ wohlhabend ist, was auf den einfluss der sikh zurueckgefuehrt wird, die hier wirklich das strassenbild beherrschen, obwohl sie nicht die majoritaet der bevoelkerung darstellen.
ab und zu kamen uns jetzt schon phantasievoll angemalte lastwagen aus himachal pradesh entgegen, und ich bekam ein gutes vorgefuehl.
ich teilte meine sitzbank zuerst mit zwei sich sehr ausbreitenden maennern, dann mit zwei sich zusammendrueckenden frauen mit kleinem kind.
der fahrer trug einen fliederfarbenen turban, hatte sich seinen vollbart schwarz gefaerbt und war so sehr in seine hupe verliebt, dass ich zum ersten mal in indien meine gehoerschutzstoepsel aus der tasche kramte.
ich wusste nicht genau, wie lange die busfahrt dauern wuerde. da ich aber bisher, wenn ich leute nach sowas gefragt habe, nie eine zutreffende antwort bekommen habe, beschloss ich, einfach abzuwarten. alles zwischen sechs und neun stunden erschien mir moeglich, fuer eine strecke von 250 km.
dann endlich fuhren wir in die berge, und mir ging das herz auf. hier gefiel es mir. es gab gepflegte haeuser, gepflegte gaerten, eine wunderbare landschaft, es gab gruen und blumen und grosse steine, taeler, gewaesser, menschen, die irgendwie zufrieden aussahen, und auch die kuehe und ziegen machten wieder einen zufriedeneren eindruck.
es gibt hier eine neue erscheinung, die ich aus suedindien noch nicht kenne: es sind die fliegenden busverkaeufer. einer hatte einen ganzen gemischtwarenladen von naehzeug bis taschenlampe in seiner umhaengetasche. ein anderer verkaufte wortreich ein mittel zur wasserreinigung (da ich kein hindi kam, ist das der schluss aus der tatsache, dass er das wort "pani" fuer "wasser" sehr oft verwendete und dann kleine weisse plastikflaeschchen aus der tasche zog). ein dritter verkaufte eine "maschine" (das war jedenfalls das wort, das er dafuer verwendet), mit der man aus orangen und zitronen den saft direkt extrahieren kann, ohne sie also aufzuschneiden und auszupressen.
eine solche "maschine" kaufte ich mir.
zum essen kaufte ich mir eine geschaelte und geschnittene gurke mit salz und kraeutern mit zitronensaft auf einem blatt, was sehr gut schmeckte, und eine mischung aus frittierten linsen, roten zwiebeln und einer art selleriewurzel (und natuerlich chili), auch mit zitronensaft, serviert auf einem stueck zeitungspapier. als esswerkzeug bekam man einen kleinen karton. auch das schmeckte sehr gut.
dann war ich in dharamsala, fuhr mit dem bus weiter nach mcleodganji, suchte ein guesthouse (auch das eine lange geschichte), fand ein bett im angenehmen "ladies venture" und werde morgen dort in ein eigenes zimmer umziehen.
mcleodganji ist ein freundlicher ort, es sind viele traveller auf der strasse unterwegs, aber auch viele tibetische moenche. viele exiltibeter leben hier, und ich ass eine tibetische nudelsuppe in dem kleinen sympathischen lokal mit dem namen "brothers in exile", das etwas wie ein musikrestaurant ist (die brueder haben auch eine eigene cd herausgegeben).
mein guesthouse, in dem ich ein bett im mehrbettzimmer bezogen habe, liegt neben einem nonnenkloster. es gibt tibetische buchlaeden, buddhistische buchlaeden, "normale" buchlaeden, man kann alle moeglichen dvds mit buddhistischen filmen kaufen, es gibt restaurants mit "original italian food", es gibt einen "green shop" mit ausschliesslich umweltfreundlichen artikeln.
und ich habe die ersten schneebedeckten gipfel des himalaya gesehen.
kurz, es gefaellt mir hier, ich bin froh, hierher gefahren zu sein, und ich werde die naechsten tage noch mehr berichten, bevor ich dann ins kloster einchecke.

Montag, 16. März 2009

was le corbusier in indien verloren hat

heute morgen verliess ich rishikesh mit einem om-t-shirt (ich konnte einfach nicht wiederstehen... aber bloss zum schlafen, oder fuer den garten, heimlich!!), einem reiki-II-diplom und einer handgemachten klangschale im gepaeck. ausserdem habe ich mir gestern dort eine neue huefttasche gekauft (modell rishikesh) und sie gegen meine uralte aus dem jahr 1998 ausgetauscht.
es war schwer, von rishikesh aufzubrechen, einfach, weil der gedanke daran, wie kompliziert und anstrengend die reise nach dharamsala sein wuerde, mich voellig laehmte.
gestern hatte ich nach einem grossen waschvormittag einen letzten besuch im "little buddha cafe" gemacht, um mir von dem kleinen kellner, der sein t-shirt mit der aufschrift "if being sexy, is a crime you can arrest me" (man beachte das komma!!) trug, eine portion gekochtes gemuese und gekochten reis servieren zu lassen (so viel zum zustand meines magens gestern) und zwei lemon soda zu trinken, waehrend ich in meinem reiki-manual las.
dann hatte ich meine letzte reikisitzung, und nachdem ich am tag zuvor etwas mit meinem lehrer zusammengerumpelt war, weil ich fand, dass er so unkonzentriert und ungeduldig war, nahm er sich jetzt schrecklich viel zeit fuer alles, und ich war erst um 22 uhr, also nach fuenf stunden, wieder im guesthouse, total geschafft und hungrig, aber ich hatte bloss eine kleine tuete cashewnuesse, die ich in mich hineinschuettete, bevor ich mich zum schlafen hinlegte.
auf den naechtlichen gassen traf ich auch die frau aus san francisco noch einmal, die vor ein paar tagen stoehnend und ruelpsend neben mir im "little buddha cafe" gesessen hatte und wuetend auf eine andere frau aus amerika gewesen war, der es aber inzwischen offensichtlich wieder besser ging, denn sie versuchte, einen lang- und schwarzhaarigen juengling an der rezeption des krishna cottage vorbeizuschmuggeln, allerdings ohne erfolg.
in der frueh packte ich, zahlte und lief los, um mich auf dem weg von allen bettlern und sadhus zu verabschieden, von dem lahmenden hund und von der schwangeren kuh, allen, die so meinen weg in den letzten zehn tagen gesaeumt und die ich irgendwie liebgewonnen habe.
ich traf den sadhu wieder, den ich vor ein paar tagen gefragt hatte, wie ich zum shivatempel komme (er teilte grade einen morgenjoint mit zwei anderen sadhus) und er fragte strahlend, ob ich wirklich die dreieinhalb stunden bergauf gelaufen bin. ich bejahte. er war genauso beeindruckt wie der luftwaffeningenieur und rief mir ein "harriooom" hinterher, der typische rishikesh-gruss, von dem ich nicht weiss, was er bedeutet.
ein letztes mal lief ich ueber die haengebruecke, die eigentlich fussgaengerbruecke heisst, was aber in der praxis "fussgaenger"- und "motorisierte zweirad"-bruecke bedeutet, und jetzt ratet mal, wer die vorfahrt hat?
ich ass ein kleines und vorsichtiges fruehstueck im madras-cafe und unterhielt mich mit einer blassen frau aus deutschland, die erst seit zwei tagen hier und seit vier tagen in indien war, aber rishikesh schon vor zwanzig jahren kennengelernt hat.
sie sagte, "als die leprakranken noch auf der anderen seite der bruecke sassen und hinter einem herschrien und -jammerten, das waren noch zeiten".
die frau war gar kein typischer rishikesh-yoga-hippie, sie siezte mich zum beispiel, was mich erst schockierte, mir dann aber gefiel. wir konnten ein kleines, feines, deutsches gespraech fuehren...
ich muss jetzt schnell was zu diesem internetcafe sagen. "internetcafe" ist ein voelliger euphemismus, aber sie nennen sich selber so. dieses "internetcafe" ist ein kleines kabuff, wo ich neben zwei jugendlichen indern sitzen, die grade eine sms mit dem text "when they make love most men have fantasies, their women don't fantasize" an irgendeinen gluecklichen schicken.
soviel zur privatsphaere. ich hab die tastatur auf den knien und weiss nicht so recht, wohin mit den fuessen, weil davor ein ausrangierter computer steht.
man kann sich indien einfach nicht vorstellen. wie schnell alles verschmuddelt und vernachlaessigt aussieht oder wirklich vernachlaessigt wird. der dreck, der sich auf den tastaturen festsetzen kann, wie man einfach werkzeug und alles moegliche herumliegen laesst und die dreckigen kabel mit einem tesafilm zusammenbindet.
ich dachte es auch auf der busreise. es ist oft ein elend, in welchem dreck und chaos die leute arbeiten und leben mussen, und die frage ist, einen wie grossen anteil das klima hat, die hitze, der monsun, und wieviel anteil die kultur hat, die mentalitaet. ich weiss es nicht. an dieser frage haben sich wahrscheinlich schon viele die zaehne ausgebissen.
es hat mich nach chandigarh verschlagen. ich bekam naemlich gestern die eingebung, hier meine busreise zu unterbrechen. chandigarh wurde auf einer anderen internetseite als etwas beschrieben, was es in indien eigentlich gar nicht geben duerfte. es ist eine stadt, die anfang der fuenfziger jahre von le corbusier auf dem reissbrett entworfen wurde, im wunsch, indien eine stadt zu schenken, in der man von null anfangen kann, in einer menschengerechten und ueberschaubaren umgebung.
deshalb ist die stadtstruktur klar und geradlinig, es gibt lauschig gedachte strassen, die von baeumen bestanden sind, und die stadt ist in sektoren aufgeteilt (ich befinde mich momentan im 22sten), aber diese klare und uebersichtliche struktur ist jetzt nicht nur von der zeit und vom wetter angefressen, sondern natuerlich von indischem leben gefuellt, das resultat ist eine etwas befremdliche mischung.
der busbahnhof ist auf jeden fall der uebersichtlichste und sauberste, den ich in indien jemals gesehen habe. was nichts daran aendert, dass sofort, als ich dem bus enttaumelt war, eine gruppe rikschazuhaelter und hotelhaie mich umringte und an den rand der verzweiflung brachte, worauf sie dann wieder sehr fuersorglich und hilfsbereit wurden.
ich habe leider nicht viel zeit, mir chandigarh anzuschauen, denn ich moechte morgen schon wieder weiter, nicht zuletzt, weil die preise hier ziemlich hoch sind (fuer mein zimmer in einem etwas ranzigen, aber freundlichen guesthouse zahle ich 700 rupies, das ist hoechstpreis auf dieser reise).
ich hatte am morgen uebrigens ziemliches glueck mit den bussen, erwischte sofort einen kleinen bus nach haridwar und dann ohne wartezeit einen anschlussbus nach chandigarh, wo mir ein sitzplatz zugewiesen wurde und es sogar platz fuer meinen rucksack unter der sitzbank gab.
busfahrten sind interessant. man kann nicht lesen (ausser der zeitung, die ich mit meinen sitz- und banknachbarn teilte), also schaut man aus dem fenster und stellt betrachtungen an. oder man schaut sich seine mitreisenden an und stellt ebenfalls betrachtungen an.
wir fuhren durch utter pradesh, wo ich die naehe delhis, bzw. old delhis auf den strassen spueren konnte. dann kamen wir nach punjab, einen teilstaat, in dem es relativ viele anhaenger der sikh-religion gibt.
diese sikh-religion ist mir auf den ersten blick sehr sympathisch. sie verbietet z.b., in abgrenzung gegen den islam und den hinduismus, das kastensystemu und das wegschliessen von frauen und lehnt den yogi-asketismus als mittel zur gottesfindung ab. die begegnung mit gott erfolgt in der meditation.
die sikhs wirken immer recht wohlhabend und gebildet. die maenner tragen diesen typischen riesigen turban und einen (oft) langen vollbart, weswegen sie mir bei dieser hitze ziemlich leid tun.
beim motorradfahren koennen sie natuerlich keinen sturzhelm aufsetzen. ein alter sikh hatte seinen turban mit einem unter dem kinn geknoteten tuch festgebunden, damit er ihm beim motorradfahren nicht wegflog.
am wegrand waren ueber kilometer weg saeuberlich aufgestapelte kuhfladentuermchen zu sehen, wahrscheinlich der brennstoffvorrat fuer das jahr. es war wirklich kunstvoll gemacht, und wenn ein solches sich nach oben verjuengendes kuhfladentuermchen fertig war, wurde es mit kuhdung ummantelt und dann mit stroh bedeckt.
ich habe mir nur meine eigenen erklaerungen zurecht gezimmert.
es ist naemlich unglaublich schwer, mit leuten ein gespraech zu fuehren, das ueber die aeussersten selbstverstaendlichkeiten hinausgeht. ihr englisch reicht einfach nicht dafuer.
manchmal gibt es inder, die eine gute schule besuchen und besonders gut englisch koennen, und sie moechten sich auch gern mit einem unterhalten. aber sie sind auch nur auf einen bestimmten typ von gespraechen gepolt und getrimmt, so dass sie manchmal klingen wie kleine sprachcomputer, humorlos und ein wenig anbiedernd.
einen inder im bus nach den kleinen kuhfladentuermchen am wegrand zu fragen kam mir ganz einfach nicht in den sinn.
die busfahrt haridwar-chandigarh dauerte sechseinhalb stunden, inkl. einer viertelstunde pause bei einem effektiven schnellrestaurant, wo man dal und naan essen konnte.
ich beschraenkte mich aber wegen meinem magen auf zwei trockene naan.
mein abendessen nahm ich im chinesischen restaurant "chopstick" zu mir. ich bestellte nudeln mit gemuese und ueberraschte den kellner wahrscheinlich dadurch, dass ich die gesamte familienportion ratzeputz aufass.
soll man einem kellner trinkgeld geben, der das fussballspiel australien-griechenland vom fernsehbildschirm wegschaltet, obwohl man als einziger gast gerade dieses fussballspiel interessiert betrachtet hat?
ich fand nein. aber ich akzeptiere auch, wenn jemand eine andere meinung hat.
noch ein nachwort: in der zeitung las ich gestern, dass der kleine junge, der von einer rostigen eisenstange durchbohrt wurde, als er von einem dach herunterfiel, ausser gefahr sei. das war doch mal eine gute nachricht!

Samstag, 14. März 2009

der heilige berg und ein horrorfilm aus israel

heute bin ich also gepilgert. ich schluckte meine gruene und meine braunen pillen, packte cashewnuesse und rosinen und sechs bananen sowie eine flasche wasser in meinen rucksack, schmierte mich mit sonnenmittel ein und lief los richtung stadauswaerts.
vom shivatempel hatte ich nur gehoert und dass man dorthin drei stunden bergauf laeuft (aber mit dem taxi zurueckfahren kann), deshalb lief ich sozusagen nach hoerensagen und in die richtung, in die ich gestern die pilger laufen gesehen habe, die kleine plastikflaschen mit gangeswasser vor sich hertrugen und sehr gesammelt und fromm aussahen.
vom sadhu, den ich fragte, bekam ich eine falsche wegbeschreibung, aber schliesslich war ich dann auf dem richtigen weg, einem betonierten (oder zementierten) pfad, der in den wald hineinfuehrte und auf dem ich gleich auf einen verkaufsstand stiess, an dem man u.a. affenfutter verkaufte, wozu ich mich hinreissen liess.
die ersten affen, die mir dann begegneten, sahen sofort das beutelchen in meiner hand, und jetzt war es natuerlich schluss mit possierlichem affenfuettern, koernchen-hinschmeissen usw., weil ich sofort aus angst vor dem groessten affen, der an mir hochzuklettern versuchte, das beutelchen hinwarf und seinem schicksal ueberliess (wahrscheinlich hat der grosse affe alles allein aufgefressen).
erst dachte ich, ich sei allein auf dem weg, der links und rechts eher einer muellhalde glich.
ich verstehe nicht wirklich, warum die inder allen abfall einfach an ort und stelle fallen lassen, als wuerde ihnen staendig eine grosse fegende mami hinterher laufen.
diese gleichgueltigkeit fuer umwelt und natur ging mir heute frueh ziemlich an die nieren.
als ich ungefaehr eine halbe stunde gelaufen war, hatte ich die ersten pilger eingeholt.
es war eine gruppe von vier maennern, vor denen ich angst gehabt haette, wenn nicht ein alter mann mit einem freundlichen gesicht dabei gewesen waere, mit dem ich ein paar worte wechselte. einer der maenner hatte eine sehr schlechte kondition und bewegte sich schnaufend, stoehnend und schlenkernd vorwaerts.
ich wusste nicht genau, ob es fuer sie eine provokation darstellt, wenn eine frau sie ueberholt. dass ich diese gedanken ueberhaupt dachte, sagt einiges ueber die ausstrahlung, die die indischen maenner in nordindien haben.
ich begegnete so allmaehlich einigen maennergruppen und sah ein, dass der berg nur von maennern bewandert wurde, jedenfalls heute, was natuerlich wieder gedanken in mir entstehen liess, ob sie es vielleicht unpassend fanden, dass eine frau hier herumlief.
andauernd ueberlegte ich, ob ich vielleicht angst haben sollte.
die blicke, die mir begegneten, waren selten freundlich, hauptsaechlich neugierig und ein wenig misstrauisch, wenn nicht sogar voller abneigung. ich habe es jedenfalls so wahrgenommen.
ich versuchte, immer freundlich zu sein und zu laecheln, fragte mich aber auch zwischendurch, ob das vielleicht die falsche strategie war.
ich liess ihnen den vortritt, sagte "namaste" und "tired?", wenn einer sich hinsetzte, um zu verschnaufen, ueberlegte dann gleich wieder ob diese frage vielleicht eine demuetigung und beleidigung fuer sie darstellte.
ich dachte an die geschmeidigen und sanften maenner suedindiens.
mein gehirn lief kurz gesagt auf volltouren. selten war ich auf einer wanderung so wenig entspannt. die natur konnte ich nicht geniessen, sie war auch so verschandelt.
ich machte die beobachtung, dass die meisten pilger das wandern nicht gewohnt waren, sie hatten also ueberhaupt keine technik und auch nicht viel kondition.
die jungen bewegten sich mit jugendlicher kraft vorwaerts und manchmal mit in der gruppe ausgestossenen kraftschreien, fielen aber nach ein paar hundert metern wieder ermattet zusammen und legten sich hin.
die alten bewegten sich mit willen und prustend, watschelnd und schwitzend vorwaerts, und wenn ich es wagte, einen zu ueberholen, dann erhoehte er gleich das tempo und es war mir, als floegen kleine fluchpfeile hinter mir her.
es gab ein paar zaehe, denen man ansah, dass sie in ihrem leben schon sehr viel gelaufen waren.
wegen meiner von der krankheit noch geschwaechten kondition war ich von anfang an ziemlich langsam gegangen, mit kleinen schritten, machte nur manchmal pause, um wasser zu trinken, setzte mich aber nie hin.
an manchen verfallenen mauern waren fotokopierte bilder von menschen mit text auf hindi angebracht und ich fantasierte, dass das menschen waren, die hier auf diesem weg verschwunden waren und auf diesem weg gesucht wurden. auf einem blatt konnte ich 25.000 lesen und dachte, 25.000 rupies belohnung fuer jeden sachdienlichen hinweis...
wahrscheinlich ging meine fantasie mit mir durch, jedenfalls war ich froh, dass ich, als der weg die "zivilisation" wieder erreichte, noch bei guter gesundheit war.
vielleicht war dieser pilgerweg frueher einmal bedeutender, aber am ende des waldes wartete jetzt nur eine tote stadt mit wenig bevoelkerung, verfallene und verfallende haeuser, leere strassen, leblosigkeit.
der shivatempel (der fuer mich eigentlich nur der vorwand fuer eine wanderung gewesen war) war im vergleich zu den tempeln suedindiens ziemlich popelig.
die meisten pilger waren uebrigens mit autos dorthin gekommen. man konnte opfergaben kaufen und sich dann einen roten shivadreizack mit einem metallstempel auf den kopf druecken lassen. diese aufgabe erfuellte ein brahmane mit einer fliessjacke und einer verfilzten hippiefrisur, der sich aber offensichtlich aufrichtig freute, mir einen shiva-dreizack auf die stirn druecken zu duerfen.
in einem anderen kleinen raum konnte man die russgeschwaerzten werkzeuge shivas, die aus einer feuerstelle ragten und von einem weiteren brahmanen bewacht wurden, beruehren.
ich hatte ziemlich schnell meine runde gemacht und wollte jetzt mit dem taxi zurueck fahren.
ein taxifahrer sprach mich gleich an, bot mir rishikesh fuer 50 rupies an, ich dachte nanu, und dann verfrachtete er mich in ein taxi, das bereits mit zwei frauen und zwei kindern besetzt waren, die bei meinem anblick vor schreck erstarrten (die kinder, nicht die frauen).
die frauen betrachteten mich gleich als ihr maskottchen und liessen sich von ihren noch draussen stehenden maennern mit mir fotografieren. sie legten mir die arme um die schultern und ich sollte auch die arme um ihre schultern, meine hand in die ihre legen, und auf diese weise wurden mit mehreren kameras mehrere bilder gemacht.
der taxifahrer hatte jetzt ein weiteres ehepaar aufgetrieben, die er neben mir ins taxi quetschen wollte. ich musste den schaltknueppel zwischen die beine nehmen. die beiden waren aber ziemlich beleibt, ausserdem wahnsinnig schlecht gelaunt und weigerten sich, neben mir platz zu nehmen.
es folgte ein wortwechsel auf hindi, dem ich gleichgueltig zusah, denn ich sass ja schon. dann bat mich der taxifahrer auszusteigen, frachtete das ehepaar auf den beifahrersitz und fuhr dann mit seiner fracht von insgesamt 6 erwachsenen und 2 kindern weg, begleitet von einem "fuck you!" aus meinem mund.
ich lief die lange reihe der taxis entlang, ohne zu begreifen, nach welchem prinzip sie besetzt werden, fragte hin und wieder "rishikesh?", worauf ein finger in irgendeine richtung deutete, in die ich dann auch lief, ohne erfolg zu haben.
es war ploetzlich sehr heiss, ich war ploetzlich sehr hungrig, ich war ploetzlich sehr muede, ich tat mir ploetzlich sehr leid.
da fragte mich ein mann "are you looking for something?" und ich sagte wahrheitsgemaess, dass ich ein taxi nach rishikesh suchte, und er sagte, ich koennte mit ihm und seiner familie und seinen freunden und deren familie in dem grossen gelaendewagen mitfahren, der dort drueben stand.
die sieben leute quetschten sich also zusammen, ich nahm neben den frauen platz, und der mann, der mich angesprochen hatte und, wie sich zeigte, ingenieur bei der indischen luftwaffe war, begann mich gleich auszufragen, ueber meine reise, meine meinung zu indien, meinen ehestand usw.
sie kamen aus delhi und machten eine kurze reise, um ein examen des ungefaehr fuenfzehnjaehrigen sohnes zu feiern.
auch die soehne wurden aufgefordert, mir fragen zu stellen. der aeltere sohn hatte eine sony digitalkamera, mit der er mich andauernd filmte.
sie fragten mich, was ich an indien aendern wuerde (ich sagte, die einstellung der leute zum muell), und hielten dann an einem teestand, um mich laenger bei sich zu behalten, wie sie sagten.
die frau des luftwaffeningenieurs bat mich, auf der steinstufe neben ihr platz zu nehmen, legte den arm um mich, nannte mich ihre freundin und lachte mich immer freundlich an. leider konnte sie nicht englisch reden, aber verstehen, was geredet wurde.
es wurde weiter gefilmt, und ich wurde weiter ausgefragt. wir tranken tee und assen jeder einen teller "maeggi" (instantnudelsuppe). wir redeten ueber die indische familienkultur und darueber, dass man in europa freier entscheiden kann, ob man heiratet oder nicht. der aeltere sohn sagte dann, er wolle auch nicht heiraten, und der bruder der anderen frau sagte, er auch nicht.
ich wusch mir meinen shiva-dreizack von der stirn, der inzwischen ein grosser verschmierter roter fleck war.
sie diskutierten im auto auf hindi weiter, ich schaute aus dem fenster auf den ganges, der inzwischen aufgetaucht war, mit weissen strudeln und darauf tanzenden rafting-booten, die der sohn filmte.
schliesslich liessen sie mich bei rishikesh aussteigen, obwohl der luftwaffeningenieur sagte, dass sie mich am liebsten fuer immer bei sich behalten wuerden, und ich ging, erleichtert ueber mein neuerliches alleinsein und familienloses dasein, gleich ins buddha cafe, wo ich mir was zu essen (heute ausnahmsweise was indisches) bestellte und hinterher einen grossen fruchtsalat.
dazu trank ich einen ayurvedischen kraeutertee.
ich unterhielt mich mit zwei jungen maennern aus israel ueber deutschland, israel und indien. der eine, der mir besonders sympathisch war, gab mir zum abschied die adresse seiner homepage, auf der ich einen dreiminuetigen horrorfilm anschauen koenne, den er selbst gemacht habe.
ich sagte, ich verspreche, dass ich mir den horrorfilm anschaue, wenn ich auch horrorfilme nicht besonders mag, aber ein dreiminuetiger horrorfilm koennte hier eine ausnahme darstellen.
dann hatte ich es aber eilig, um nicht zu spaet zu meinem reiki-kurs zu kommen.

Freitag, 13. März 2009

die stirn einer kuh und weitere beobachtungen aus rishikesh

die stirn einer kuh beruehren und dann die hand zur eigenen stirn fuehren. so verschafft man sich eine art segen.
ich bin heute frueh am morgen durch rishikesh gelaufen und habe gesehen: das ist die zeit des tages, zu der die kuehe mit den resten des letzten tages gefuettert werden. danach holt man sich von der kuh seinen segen.
ich habe es natuerlich auch gemacht, gleich mehrmals. das fuettern und den segen. jedesmal, wenn ich meine tasche oeffne, um einer kuh was hinzuwerfen (ein stueck brot oder bananenschalen), dann ahnt sie gleich, dass was gutes auf dem weg ist und kommt zielstrebig auf mich zu.
leider ist meine durchfallerkrankung noch nicht voellig ausgeheilt, auch wenn es mir koerperlich ungleich besser geht. deshalb liess ich mir heute in einer ayurveda-apotheke medizin geben. sechs gruene geleekapseln und zwoelf grosse tabletten in der farbe von getrocknetem kuhfladen. die nehme ich jetzt dreimal taeglich zu mir.
die gruenen geleekapseln bewirken, dass jeder kleine ruelpser in meinem mund einen angenehmen minzgeschmack zuruecklaesst.
die mutter ganga fand wohl, dass eine aeussere reinigung bei mir nicht ausreichte und befahl auch eine innere. ich bin jetzt auch mit einer erkaeltung gesegnet, aber der herrische und etwas verschlagene verkaeufer vom gemischtwarenladen um die ecke verkaufte mir gleich ein nasenspuelkaennchen aus plastik und yogasalz aus dem himalaya. wo soll man diese dinge kaufen, wenn nicht hier?
jedesmal, wenn ich bei ihm was kaufe, versucht er mir einen kaputten oder veralteten 10-rupie-schein anzudrehen, und auch bei den preisen schaut er ein wenig zu seinen gunsten durch die finger. aber ich lass mich nicht verarschen, nicht nach zweieinhalb monaten indien. oder bloss ein bisschen.
ich habe mich gestern fuer einen reikikurs (die 2. stufe) entschieden. nach vielem herumsuchen und nachfragen und feilschen und ueberlegen habe ich mich master soma gewaehlt, dessen leuchtend rote werbeplakate mir als erstes ins auge gefallen sind (aber ich dachte, man kann ja nicht auf leuchtend rote werbeplakate hereinfallen!).
ich fange heute an und gehe dann drei tage lang taeglich zu ihm.
er sieht sehr gut aus.
er hat seine ausbildung in poona und in dharamsala gemacht und fragte mich ein wenig ueber reiki aus, was mir gefiel.
wie immer kam es mir aber vor, als wuesste ich ueberhaupt nichts und haette nie irgendwas gemacht und sowieso keine ahnung von auch nur einer sache auf der welt.
zurueck in meinem zimmer, ging ich nervoes alle auflegepositionen durch, die ich gelernt habe, kam aber beim ruecken bloss auf neun, so sehr ich mich auch anstrengte.
habe ich schon geschrieben, was mein lieblingsgetraenk in rishikesh ist? ginger lemon honey. ich trinke davon taeglich mindestens vier glaeser voll.
ich ass gestern im 'moksha cafe', das mit dem slogan 'food is god' fuer sich wirbt, was mir sehr zusagt. es ist koreanisch, ich sass auf dem boden an einem niedrigen tisch und ass ein etwas unbegreifliches gericht, das aus einer recht begreiflichen misosuppe mit spinat und tofu und ein paar extratellern mit eingelegten suess-saeuerlichen gemuese sowie einer schale reis und einem gedeckten spiegelei bestand. es war ganz interessant, aber nicht der kulinarische hoehepunkt meiner reise. neben mir lagen zwei junge japanerinnen auf den kissen ausgetreckt und fuehrten ein kichergespraech.
ein affe grabschte aufgebracht nach meinem bein, als ich vorueberlief, ich hatte keine ahnung, was ihn so empoerte, aber ich konnte ihn schnell abschuetteln.
im restaurant gestern abend sassen zwei schwedische motorradfahrer am nebentisch, die sich gegenseitig ihre heldentaten erzaehlten. es klang, als waeren sie comicfiguren, paff, splash, bumm. v.a. der eine hatte sehr viele glanztaten zu berichten und wie er immer alles richtig gemacht hat bei begegnungen mit tigern, leoparden und anderem unbill.
weitere beobachtungen aus rishikesh: am morgen werden die strassen gespuelt, vor den haeusern wird gefegt. heute ist wieder (nach holi) ein normaler arbeitstag. die bauarbeiter sind ins krishna cottage zurueckgekehrt und haemmern und bekommen um 10 uhr tee in metallbechern serviert.
am morgen machen gruppen von pilgern mit kleinen, sichtbar an ihrer kleidung angebrachten plastikflaschen, in die sie wasser des ganges gefuellt haben, und den kopf in orangefarbene tuecher gewickelt, sich auf den weg zu einem shivatempel drei stunden bergaufwaerts, wo sie dieses wasser opfern.
wenn es mir noch besser geht, morgen oder uebermorgen, mache ich diese wanderung auch.
ich sass im fruehstuecksrestaurant und las die hindustan times.
ich las, dass ein paar dutzend kinder beim holi-festival von giftiger farbe krank wurden und mit uebelkeit und erbrechen ins krankenhaus eingeliefert wurden.
ich las, das ein junger mann waehrend des holi-festivals in rishikesh im ganges ertrunken ist (sein koerper wurde nicht aufgefunden) und dass ein maedchen, ebenfalls in rishikesh, von ein paar jungen maennern in ihrem elternhaus belaestigt und der hinzukommende vater verpruegelt wurde.
ich las, dass in dehra dun tibeter im gedenken an den 50-jahrestag der fehlgeschlagenen befreiung einen protestmarsch veranstaltet haben.
ich las, dass in einem ort hier in der gegend ein rechtsanwalt auf der strasse einem mopedfahrer ins bein geschossen hat, weil dieser sein auto (einen scorpio) gerammt hat.
ich las, dass ein kleiner junge, ebenfalls hier in der gegend, vom dach seines elternhauses fiel und von einer eisenstange durchbohrt wurde (es war ein foto des kindes zu sehen. die rostige stange ragte links und rechts aus seinem koerper. seine augen waren geoeffnet und zeigten den schock), dass aber nach einer dreistuendigen operation sein zustand stabil sei und die folgenden 72 stunden von entscheidender bedeutung seien.
ich las auch, dass ein schueler in der naehe von stuttgart 15 mitschueler erschossen hat und dann selbst erschossen wurde, als er versuchte zu fliehen und kann mir vorstellen, womit die zeitungen in deutschland jetzt voll sind.
ein tourist trug einen lahmen bettler in mein fruehstuecksrestaurant, setzte sich mit ihm an einen tisch und forderte ihn auf, sich ein fruehstueck zu bestellen.
es gibt hier einen alten mann mit einer weissrot bemalten stirn, der immer auf einer steinbank sitzt (neben ihm sitzt eine alte frau) und in einem dicken, heilig aussehenden, in lumpen gebundenen buch liest.
ein bettler kritzelt immer mit winziger schrift ziffern oder heilige woerter in ein schreibbuch.
ich habe noch nicht die fotos beschriebe, die im eingangsbereich des sri ved niketan ashram hingen. darauf war der bebrillte mann zu sehen, der wohl der guru dieses ashrams ist. er trug eine art badehose, war sonst unbekleidet und unbehaart und sass auf einem leopardenfell. er hatte die beine hinter dem koerper verschraenkt (so ungefaehr), den bauch eingezogen, die arme schlangen um den ganzen oberkoerper, mit den fingern zog er sich selber an den ohren, und das mit einem voellig ernsten gesichtsausdruck.
auf mehreren eingerahmten bildern waren derartig haarstraeubende und (unfreiwillig) zum lachen reizende koerperpositionen abgebildet.
der franzose mit dem taetowierten gesicht hat uebrigens drei jahre lang in erlangen bei einer versicherung gearbeitet. ich frage mich, ob sein gesicht da auch schon taetowiert war.

Donnerstag, 12. März 2009

die gerueche von rishikesh

die gerueche von rishikesh sind schwer zu beschreiben. es ist eine mischung aus kuhfladen, raeucherstaebchen, dem scharf riechenden, bereits frueher erwaehnten putzmittel, und hier, in dem internetcafe, in dem ich gerade sitze, der rauch einer mueckenspirale.
auch das krishna cottage ist nicht ganz ohne dunkle flecken. heute morgen ging ich mit einem eimer heisses wasser holen. ich zahle fuer ein doppelzimmer mit eigenem bad 150 rupies (ca. 2 euro 50), deshalb finde ich es ganz ordnung, heisses wasser ein stockwerk weiter unten zu holen. wegen der bauarbeiten ist aber der boden in dem schmalen gang, der zum heisswasser fuehrt, aufgerissen, man muss also ueber die sehr schmalen raender balancieren, sich an der wand abstuetzen, bis man den eimer unter den hahn fuer heisses wasser stellen kann.
als ich krank war, hat jemand von der pension das fuer mich gemacht.
es kam ein duennes rinnsal. das kann ja lange dauern, dachte ich. da kam schon einer der jungen pensionsbetreuer und sagte bedauernd, "no hot water ma'm".
ich balancierte also wieder zurueck.
"half an hour, ma'm", sagte er dann.
indien heisst aber auch, dass eine halbe stunde eine stunde oder drei stunden bedeuten kann.
ich verliess mich trotzdem drauf, trabte nach einer halben stunde wieder mit eimer an. wurde mit einem flehenden blick empfangen und einem "no hot water ma'm".
ich liess mich dann auf zehn, elf uhr vertroesten, wusch mich mit kaltem wasser, was nicht so schlimm war und machte mich auf den weg zu meinem alten ashram, um einer oesterreichern, die ich dort kennengelernt habe und die mit mir wandern gehen wollte, zu erklaeren, warum ich so sang- und klanglos verschwunden bin.
wenn ich aus meinem guesthouse trete, komme ich erst an einem kleinen bauernhoefchen vorbei, mit kuehen und garten und kindern, und wenn ich dann links abbiege, komme ich an einem weiteren kleinen bauernhoefchen vorbei, auch mit kuh, hund, kind und einem sauber gefegten vorplatz.
ich begegnete einem franzosen um die fuenfzig wieder, der das ganze gesicht taetowiert hat und dessen linke koerperhaelfte etwas lahmt, weshalb er am stock geht, und den ich schon an allen moeglichen orten getroffen habe.
ich gruesste ihn, wir redeten ein wenig. er erzaehlte, dass er heute aus dem krishna cottage auszieht, weil es ihm zu teuer (!) ist und er eine lange zeit in rishikesh bleiben will.
das abflusssystem rishikeshs befindet sich zu einem grossen teil noch ueber der erde in rinnen, die die ganze stadt durchziehen (nicht der toilettenabfluss, wenn ich das richtig sehe).
auf dem weg zum ashram verirrte ich mich in einen anderen ashram, der einen sehr gruenen und lauschigen garten hatte, mit vielen baeumen und parkbaenken und einer menge affen.
die affenhorde machte gerade ihre morgengymnastik. sie kletterten in die aeste der baeume, liessen sich wieder fallen, jagten einander, fingen einander am schwanz, schwangen hin und her.
ein kleiner affe hatte ein besonders begehrtes spielzeug, ein stueck gelben stoff, den er wahrscheinlich von irgendeiner waescheleine geklaut hatte (alle yogaadepten in diesem ashram sind gelb gekleidet) und mit dem er hin- und herraste, verfolgt von den anderen affenkumpanen.
eine gruppe jugendlicher yogaadepten spielten in gelben huefttuechern und gelben hemden fussball.
die oesterreicherin traf ich nicht mehr an, aber meinen alten yogalehrer, der mir mit einer leopardengemusterten ohrenmuetze entgegenkam und die haende zum gruss gefaltet vors gesicht erhob.
es geht mir schon wieder ein wenig besser als gestern, aber ich muss mich immer noch ein bisschen schonen. verbrachte den vormittag nach dem fruehstueck im bett mit jean pauls "flegeljahre", eine wunderbare lektuere, und nicht ganz unpassend, weil er auch die reise eines naiven helden beschreibt.
die putzfrau kam und fragte, ob sie mein zimmer fegen sollte. ja, danke, sagte ich erfreut und raeumte alles weg, was so auf dem boden herumstand und -lag, und als die putzfrau (die eher ein junges maedchen war, vielleicht sechzehn) fertig war, sagte sie, "cleaning, ma'am, 10 rupies". es ist eine art gesetz in indien, dass ich fast nie kleingeld habe und ein weiteres gesetz, dass die anderen auch nie kleingeld haben. wenn immer ich also mit einem groesseren schein bezahle, dann verschwindet jemand damit, um ihn woanders umzutauschen. auch hier war es wieder so. man braucht sich aber keine sorgen machen. bisher sind immer alle wieder mit meinem geld wieder gekommen.
meinen zeh habe ich schon vor ein paar tagen von seinem polster befreit. danach hing der abgerissene zehennagel eine weile ein bisschen bloed herum, bis ich ihn mit dem nagelknipser abknipste. es ist zwar immer noch ein schwarzer bluterguess an der stelle, aber er ist nicht mehr empfindlich.
eine junge frau verlaesst das internetcafe und ruft ihrem freund auf englisch zu, "hast du auch interesse an dem vortrag heute abend ueber yin-yang-diaet?" er hat.
gerade spielt der internetmann ueber ein paar kleine lautsprecher eine version des "erbarme dich" aus der mattaeus-passion von bach. es ist eines der schoensten musikstuecke, die ich kenne und bestaetigt mir gleich wieder, dass mein herz einfach in europa zuhause ist.

Mittwoch, 11. März 2009

die touristenkrankheit

es ist passiert: ich hab mir den magen (oder besser den darm) verdorben. das sagt sich jetzt so leicht dahin, aber es war nicht so besonders lustig.
nach meinem letzten eintrag hier ging ich in den ashram zurueck, machte mein bett fuer die nacht, aber alles fuehlte sich irgendwie falsch an. ich begann ploetzlich unter meinem durchhaengenden mueckennetz fuerchterlich zu frieren, dachte, nanu, ist es hier vorne wirklich kaelter als hinten im ashram, wo ich bis dahin gewohnt hatte, oder ist die nacht kaelter. auch die matratze kam mir ploetzlich viel haerter vor. ich zog alle kleider an, die mir so einfielen, merkte dabei, dass ich mich vor dem hinlegen gar nicht umgezogen hatte, konnte trotzdem nicht aufhoeren zu zittern, und allmaehlich daemmerte mir, dass irgendwas mit mir nicht stimmte.
ein furchtbares gefuehl in der gesamten darm- und magengegend. und dann folgte eine sehr lange nacht, mit sehr vielen besuchen auf der leicht EKLIGEN toilette.
ich war uebrigens nicht die einzige, der es in dieser nacht schlecht ging. draussen im hof hoerte ich jemanden andauernd kotzen, dann nachspuelen, kotzen, nachspuelen usw. ich weiss nicht, wer uebler dran war, er oder ich.
muessig drueber nachzudenken, was an meiner erkrankung schuld war, ich tippe aber auf das omelette-sandwich im "little buddha cafe", nach dem mir irgendwie schlecht war (aber vielleicht kam es auch von was ganz anderem).
ich glaube einfach, dass mir rishikesh mit seiner unseligen mischung aus heiligkeit und kommerz auf die eingeweide schlaegt und ich ploetzlich anfaellig war.
in der nacht beschloss ich, am morgen all meine verbleibende energie zusammenzunehmen, meinen rucksack zu packen und in ein nettes guesthouse umzuziehen. und das tat ich auch. es war wirklich schwer, ich ging mit kleinen vorsichtigen schritten, aber ich kam an mein ziel.
im krishna cottage bekam ich ein helles doppelzimmer mit europaeischer toilette (!! ein gluecksgefuehl, kann ich nur sagen), kaufte mir fuenf liter wasser und eine rolle klopapier und legte mich erstmal ins bett, wo ich die naechsten 20 stunden blieb und schlief, der schlaf nur unterbrochen von toilettenbesuchen, trinkpausen und sms-empfaengen und-verschickungen.
gottseidank hatte ich brausetabletten in meinem rucksack, die mineralienverlust bei durchfall ersetzen, und sogar tabletten gegen durchfall, die allerdings nicht halfen.
vor dem fenster spielten kinder mit hohen, schneidenden stimmen, bauarbeiter erweiterten das krishna cottage mit kraeftigen hammerschlaegen und rufen, am abend hoerte ich glockenlaeuten und heiliges singen aus dem benachbarten ashram, und gegen neun uhr abends kam mit trommelschlaegen und lautem rufen und gesang eine gruppe leute, die das holi-festival feierten (es ist das beruehmte farbfestival, bei der man sich gegenseitig mit farbbeuteln bewirft). ich schlief trotzdem und schlief und schlief und schlief.
ich hoffe, man sieht auf dem bild, wie krank ich bin:
heute wachte ich dann um 8 uhr morgens auf, fuehlte mich schon etwas besser, gratulierte mir zum krishna cottage, und noch mehr gratulierte ich mir, als ich feststellte, dass ich mir toast und schwarzen tee aufs zimmer bringen lassen konnte, die ich vorsichtig verzehrte.
dann las ich, zum ersten mal seit langem, und zwar die "flegeljahre" von jean paul, worauf ich mich ungeheuer nach europa im allgemeinen und deutschland im besonderen sehnte und dachte, dass ich die europaeische aufklaerung doch der oestlichen erleuchtung (wenigstens wenn sie im stil von rishikesh ist) vorziehe.
am fruehen nachmittag ging ich hinaus, um in einem hotelrestaurant reis und gekochtes gemuese zu essen und ginger-lemon-honey-tee zu trinken.
alle kuehe und hunde auf der strasse waren bunt bepudert, ein alter mann kam mir mit gruenem haar entgegen, andere hatten pinkfarbene gesichter und mein kellner ein in vielen farben beflecktes t-shirt. wegen meines zustands, der immer noch ziemlich gebrechlich war, hatte ich keine lust auf ein farbgemenge, bin aber auch darum herum gekommen und ging zurueck ins guesthouse.
die fuenf jungen maenner, die so was wie das personal von diesem guesthouse darstellen, sassen auf einer decke auf dem gras im innenhof und spielten karten.
dann las ich wieder in meinem bett, und fuehlte mich spaeter so stark, dass ich die 2 km bis nach laxmanjhula ging, um meine waesche bei der waschlady abzuholen, neue waesche abzugeben und eine cola zu trinken (das war die medizin von meinem kinderarzt doktor hoecht bei durchfall) sowie eine tomatensuppe zu essen, und das ohne irgendwelche unmittelbaren folgen.
es scheint also, dass meine krankheit zu ihrem ende kommt und dass ich hoffentlich wieder bald ganz gesund bin.
ich plane schon meine abreise von hier und blaettere im reisefuehrer...

Montag, 9. März 2009

child sleeping pose

es ist jetzt bei mir neun vor neun am abend, und ich sitze in einem internetladen mit blick auf den ganges.
mein tagesprogramm habe ich bereits hinter mich gebracht. um zehn uhr wird der ashram geschlossen.
morgens yoga, dann fruestueck (heute im Tip Top Cafe), mit einer hindustan times, die ich einem fliegenden zeitungsverkaeufer abgekauft hatte. ich ass porridge mit fruechten und nuessen und trank schwarzen tee dazu.
dann erster besuch im internet, um meine mail abzurufen und zu sehen, dass ich einen platz in dem zehntaegigen kurs "einfuehrung in den buddhismus" im tibetischen kloster tushita in dharamsala bekommen habe, fuer den ich mich angemeldet habe.
dann besuch im "little buddha cafe", wo ich einen milchkaffee trank und dann ein vegetarisches sandwich mit omelette ass und postkarten schrieb.
ich gab meine waesche in einer kleinen waescherei ab. an der theke war niemand zu sehen, also rief ich und wurde dann von einer inderin, die in einem hinter der waescherei befindlichen raum auf einem bett lag und zu muede war, um aufzustehen, hineingewunken.
(eine waescherei besteht aus einer waschmaschine und einem brett zum buegeln in einer bretterbude)
sie stellte meine tuete zu den anderen tueten und sagte im liegen zu mir, dass ich die waesche morgen frueh abholen kann.
dann ging ich ein paar karmaschichten abwaschen.
ich traf meine franzoesin wieder, die jeden tag dort ist, und auch eine italienerin aus rom, die ebenfalls gestern da war.
die beiden frauen unterhielten sich (die eine sprach englisch, die andere franzoesisch) ueber die energie von rishikesh und ueber verschiedene ashrams und gurus und warfen mit namen um sich, die ich nie gehoert hatte, so dass ich immer wieder sagen musste, weiss ich nicht, kenn ich nicht, hab ich nie was von gehoert...
heute bin ich sechs mal im ganges untergetaucht und habe die franzoesin, die mich gleich wieder mit unglaublichen geschichten ueberfiel, gebeten, ein paar fotos zum beweis zu machen.
nach einem kurzen antrocknen der kleider ging ich weiter stadtauswaerts, eigentlich ohne ein besonderes ziel.
ich kam an einen kleinen tempel, stellte meine schuhe davor ab, ging hinein, sah einen orangen gott mit buntem kleid, von dem ich noch gar nichts wusste, ging wieder hinaus, zog meine schuhe wieder an.
der tempelwaechter rief nach mir. ob ich ein paar dinge ueber die tempel-etikette wissen wollte.
ok.
er zeigte mir, dass man die schuhe schon vor dem tor abstellt, nicht erst vor dem eingang in den tempel.
dann sagte er mir den namen des gottes, den ich schon wieder vergessen habe. es ist der adler, auf dem krishna (?) reitet, ich wusste nicht, dass ihm eigene tempel gewidmet sind, und ausserdem sah die orangefarbene figur ueberhaupt nicht aus wie ein adler, dazu war die nase zu klein und zu flach.
dann, sagte der tempelwaechter, nimmt man von dem heiligen roten pulver einen finger voll und tut es sich auf die stirn (auf das dritte auge). er machte das fuer mich.
dann nimmt man aus einer plastiktuete, die auf einer ablage liegt, eine handvoll suesse koernchen und isst sie. er nahm eine handvoll suesse koernchen aus der plastiktuete und forderte mich auf, sie zu essen. ich tat es.
dann trinkt man etwas heiliges wasser. er schuettete mir aus einem kleinen metallgefaess heiliges wasser auf die hand, und ich war stolz, dass ich wusste, wie man es macht: erst schluerft man ein wenig wasser, dann faehrt man sich mit der hand ueber die haare.
er nickte zufrieden.
er zeigte mir auch den orangefarbenen hanuman (affengott), der draussen in einem eigenen kleinen tempel stand, und dann den winzigen shiva und die winzige parvati mit dem stier nandi im tempelchen gegenueber.
er erzaehlte mir irgendeine lustige geschichte ueber die orange farbe, aber ich verstand sie nicht.
danke. wiedersehen.
an einem kleinen teestand trank ich tee und unterhielt mich mit zwei leuten, einem jungen mann aus england und einer jungen frau aus israel.
ein inder nahm uns in seinem kleinen auto dann zurueck zum stadtrand, wo die beiden zum ganges hinunter stiegen, um ein bad zu nehmen.
ich ging zurueck in meinen ashram, zu einer zweiten yogalektion. ich habe jetzt eingesehen, dass power yoga vielleicht nicht das richtige fuer mich ist. das sanfte yoga in meinem ashram ist fuer mich anstrengend genug. am nachmittag unterrichtet ein weissgekleideter, gut aussehender junger inder, und das training ist ein wenig anstrengender als am morgen. ich lernte die "child sleeping pose", auf dem bauch liegend, den kopf auf den haenden und das linke bein zur brust hochgezogen (klingt vielleicht nicht so anstrengend).
dann zog ich um, in ein groesseres zimmer, dass allerdings offensichtlich ein mueckenbrutplatz ist. ich verspritzte also eine menge citronella, das die muecken vertreibt und haengte wieder mein mueckennetz auf (aber die aufhaengevorrichtung ist nicht so gut, das netz haengt zu tief und haengt mir wahrscheinlich ins gesicht).
von einer oesterreicherin habe ich den tip bekommen, dass man in einem ashram in der naehe gut und billig essen kann, und das habe ich heute abend gemacht.
in einem anderen blog ueber rishikesh habe ich gelesen, dass das alter ego von rishikesh eine krake ist. wenn man weg will, haelt es einen wieder fest.
ich habe keine ahnung, wie lange ich hier noch bleiben werde. mal sehen, wie gut ich in meinem neuen zimmer schlafen kann.
ich habe heute wieder einer kuh ein chapatti zum fressen gegeben. schlurp, war es weg.
am morgen wurde ich zeugin der folgenden szene: ein "heiliger mann" verscheuchte einen stier mit einem stock, da wurde der stier wuetend und ging auf einen anderen stier los, und ein dritter stier, der die schlaegerei sah und auch mit dabei sein wollte, trabte schnaubend los.
ich kriegte ein wenig schiss und schaute, dass ich von dort wegkam.
jetzt bin ich muede. gute nacht!

Sonntag, 8. März 2009

dreimal ganges und einmal polizei

ich kann nicht anders, ich muss heute einfach noch was schreiben.
ich hab's getan: ich habe im ganges gebadet und bin dreimal mit dem kopf untergetaucht. so muss man es naemlich machen, wenn man sein erstes bad im ganges nimmt. natuerlich in meinen kleidern, weil es sich fuer frauen nicht schickt, leicht bekleidet ein bad zu nehmen. (ein paar frauen, die hier vor einigen tagen im bikini badeten, wurden von indern verpruegelt)
danach entstieg ich den fluten tropfnass und setzte mich auf einen stein, um in der sonne zu trocknen.
ich kam ins gespraech mit einer franzoesin, die hier jeden tag herkommt und ein bad nimmt (etwas ausserhalb von rishikesh, wo das wasser sehr sauber, der strom aber auch sehr reissend ist).
nach einer weile fragte sie mich, ob ich ihr vielleicht einen gefallen tun koennte. sie kann naemlich kein englisch, ihr handy ist weggekommen und sie will jetzt bei der polizei eine meldung aufgeben.
so kam es, dass ich am selben tag zwar ein paar schlechte karmaschichten los wurde, aber ein paar neue sammelte.
ihre geschichte war die: sie war im freedom-cafe und hatte ihr handy dabei. am naechsten tag entdeckte sie in der frueh um fuenf, dass ihr handy nicht mehr da war. also ging sie zurueck ins freedom-cafe, um nach dem handy zu fragen. es war aber nicht gefunden worden. ihr schluss: jemand muss es gestohlen haben.
wir gingen also zur oertlichen polizeistation. erst sah es so aus, als wollte sich keiner unserer geschichte annehmen, dann wurden wir gebeten, an einem tisch im hof platz zu nehmen. man brachte zwei blatt papier, die man mit stecknadel zusammensteckte und zwischen die man ein kohlepapier legte. ausserdem drueckte man mir einen stift in die hand.
ich sagte: no writing-machine? you write? (mein englisch ist hier ziemlich basic geworden) nein, wir muessten unseren bericht schon selber schreiben.
ich sagte zu der franzoesin, es ist vielleicht besser, wenn wir nicht schreiben, dass sie erst am naechsten tag bemerkt hat, dass das telefon weg war. ich dachte, es ist ja hauptsaechlich fuer ihre versicherung. wir schreiben also nur, dass das handy im freedom-cafe wegkam und wahrscheinlich gestohlen wurde.
ich dachte, wir wuerden dann einen stempel bekommen, und die polizisten wuerden das papier zu den akten legen und sie koennte ihr exemplar ihrer versicherung in paris geben.
aber so war es nicht.
auch wenn die polizisten einen so desinteressierten und unorganisierten eindruck machten, so folgten sie doch einem strengen prozedere.
es wurde also irgendein chef wahrscheinlich vom sonntaeglichen mittagessen weg- und in die polizeistation gerufen, wo er mit rotem t-shirt und gelben sturzhelm auf einem moped ankam.
er hoerte sich unsere story an, von ihr auf franzoesisch erzaehlt, von mir auf englisch uebersetzt.
erstmal mussten wir uns von ihm belehren lassen, dass andauernd touristen kommen, die den verlust irgendwelcher gegenstaende melden, und dann stellt sich heraus, dass sie diese an inder verkauft haben und nur den stempel fuer ihre versicherung brauchen. das breitete er lange und ausfuehrlich aus, verbreitete dabei sehr viel testosteron, und ich nickte dazu.
punkt eins. er glaubte unsere geschichte, weil die franzoesin eine "old lady" sei.
punkt zwei. warum kommt sie erst heute, um die meldung zu machen, obwohl das telefon schon seit drei tagen weg ist (die polizei hatte sich uebrigens im datum geirrt, die wussten wohl nicht, dass heute frauentag ist und diktierten mir den 7. maerz).
weil sie niemanden gefunden hat, der franzoesisch und englisch kann, so ich, und sie mich erst heute getroffen hat.
dieses argument wollte er ueberhaupt nicht einsehen. die polizei kann dolmetscher zur verfuegung stellen. sie haette sofort irgendeinen polizisten auf der strasse ansprechen koennen. der haette das cafe mit staatsgewalt oeffnen lassen usw.
punkt drei. unsere (meine) formulierung, dass das handy "wahrscheinlich gestohlen wurde", sei eine starke anklage, der sie nachgehen muessten usw., dazu braucht es mehr, zeugen, blabla usw.
ob es irgendeinen beweis dafuer gibt, dass das telefon wirklich existiert hat. welche telefonnummer das telefon hatte. ob sie die nummer gesperrt hat.
ich musste die ganze zeit zwischen englisch und franzoesisch hin- und heruebersetzen, aber glaubt bloss nicht, dass mein franzoesisch besonders gut ist.
ploetzlich stand der blasse besitzer des freedom-cafes vor dem tisch, herbeigeholt von ein paar nebenpolizisten. jetzt wurde das gespraech auf hindi gefuehrt, und wir verstanden natuerlich kein wort, sahen bloss, dass dem freedom-cafe-besitzer der arsch auf grundeis ging.
ich bereute schon zutiefst, dass ich das mit dem "gestohlen" geschrieben hatte, sah mich schon wegen betrugs zehn jahre in einem indischen gefaengnis sitzen (oder wegen versuchten betrugs, was vielleicht nur fuenf jahre gegeben haette).
und was ging mich eigentlich die versicherung der franzoesin an? und ihr telefon? wieso mischte ich mich eigentlich ein? wieso hatte ich nicht einfach ihre version der geschichte aufgeschrieben? wieso hatte ich versucht, superschlau und eine versicherungsbetruegerin zu sein?
der besitzer des freedom-cafes sah aus, als gingen ihm auch verschiedene gefaengnisstrafen durch den kopf sowie die zustaende in den indischen gefaengnissen.
er fragte uns (mich) dann, ob wir das wirklich so schreiben wollten, dass das handy wahrscheinlich gestohlen wurde, und ob uns klar sein, was fuer eine anklage wir da gegen sein cafe richteten.
neinnein, versicherte ich schnell, ich wollte den rueckwaertsgang einlegen. ("koennen wir bitte neues papier bekommen?")
die wortschwaelle auf hindi gingen weiter, ich hatte ueberhaupt keine ahnung, in welche richtung sich die geschichte weiterentwickelte, aber da stand schon ein polizist mit zwei neuen blatt papier in der hand da und steckte sie wieder fein saeuberlich mit stecknadeln zusammen.
inzwischen hatten ungefaehr zehn personen an unserem kleinen tisch im hof der polizei platz genommen und ungefaehr genauso viele standen herum und hoerten interessiert zu.
ich schrieb also eine neue version der geschichte, knuellte die andere zusammen und steckte sie schnell in meinen rucksack.
wir meldeten hiermit den verlust eines handys an, zuletzt gesehen im freedom cafe am soundsovielten um soundsoviel uhr.
einer der polizisten verschwand und kam dann mit der gestempelten blaupause zurueck. wir konnten gehen.
der besitzer des freedom-cafes wandte sich im gehen an uns. ob wir in einer halben stunde in sein cafe kommen koennten? er wuerde noch einmal mit allen seinen angestellten sprechen.
inzwischen war ein noch hoeherer polizist angekommen, der uns noch einmal anhielt.
was los sei.
er wollte die stempelei wieder rueckgaengig machen, weil wir die meldung viel zu spaet abgegeben haetten.
aber die anderen polizisten, die inzwischen eine art zuneigung zu uns gefasst hatten, ueberredeten ihn, die sache jetzt auf sich beruhen zu lassen.
(am nebentisch im internetcafe sitzt uebrigens ein englaender, der gerade einem freund in england ueber skype von seinen coolen indien-erlebnissen erzaehlt.)
wir gingen dann doch direkt ins freedom-cafe, weil ich inzwischen ziemlichen hunger hatte (es war halbvier geworden).
zu unserer ueberraschung wimmelte es im cafe von polizisten. wir sahen auch den beamten mit dem roten t-shirt wieder. er kam auf die franzoesin zu und hielt ihr ein handy entgegen.
ob das ihr telefon sei?
es war ihr telefon.
obwohl die franzoesin zweimal in dem cafe war, um nach ihrem handy zu fragen, hatten die angestellten offensichtlich nicht verstanden, was sie wollte (sie konnte ja kein englisch), und alle waren jetzt angepisst, dass sie zur polizei gegangen war. jedenfalls war das ihre version.
die polizisten tranken cola und assen pommes frites, bevor sie verschwanden, ohne uns noch einmal eines blickes zu wuerdigen.
und ich ass einen falafelteller und trank auch eine coca cola.
die franzoesin, die mir nur ihren spirituellen namen gesagt hat, den ich mir nicht merken konnte, war uebrigens eine total faszinierende person.
sie war zum glueck ziemlich redselig, und ich liess mir von ihr die verruecktesten geschichten erzaehlen. zum beispiel die geschichte darueber, wie sie ihre zelle besucht hat, die aussah wie eine hostie, die auf wellen schaukelt.
oder so. ich kann auch nicht behaupten, dass ich alles genau verstanden habe.
sie war seherin und heilerin und konnte ueber erleuchtungserlebnisse en masse berichten. ich glaubte ihr alles, weil sie wirklich all das ausstrahlte, was sie sagte. und weil sie dabei witzig war.
sie wollte gern, dass ich in ihrem guesthouse wohne, wenn meine zeit im ashram rum ist, und ich liess mir das guesthouse zeigen. es war wirklich total schoen, mit einer terrasse, von der aus man ueber rishikesh und den ganges blickt. ihr zimmer ist gross und hell, das badezimmer neu gekachelt und sauber, und sie zahlt genauso viel wie ich in meinem ashram.
zwei affen fauchten uns an, auch nachdem wir ihnen eine mandarine zum fressen gegeben hatten.
wir trennten uns dann. sie war total dankbar fuer meinen einsatz, aber ich hatte eher das gefuehl, alles ziemlich durcheinander gebracht zu haben.
ich glaube, ich muss bald wieder im ganges baden, um das schlechte karma des heutigen tages loszuwerden...

little buddha cafe und kopfstand nummer drei

meine lieblingscafes in rishikesh heissen "cafe oasis" und "little buddha cafe".
wie man sich bereits vorstellen kann, sind sie nur von westlern (bzw. auch zahlreichen israelis und erstaunlich vielen russen) mit turban, om-t-shirt, yogahosen usw. bevoelkert, aber sie sind schattig, freundlich, "easy-going", wie man hier so sagt, man kriegt dort fruchtmuesli mit joghurt und honig und kann in ruhe einem niedrigen tisch gegen ein paar kissen gelehnt dasitzen (und z.b. das "glasperlenspiel" von hesse lesen, wie eine frau es tat) und einen milchkaffee oder einen minzentee trinken und sogar vollkorngebaeck von der sog. "german bakery" bestellen.
ich mag auch meinen alten yogalehrer im sri ved niketan ashram inzwischen.
das mikrofonkrachen vom ersten tag war nicht von ihm, sondern von elektrizitaetsschwankungen verursacht, habe ich inzwischen begriffen.
weil heute sonntag war, hatten wir eine zweieinhalbstuendige lektion mit vier verschiedenen meditationstechniken am ende.
nichts von dem, was er sagt, ist bloed, im gegenteil. er ist ganz simpel und hat nicht das geringste guru-gehabe. das yoga, das er lehrt, ist voellig unspektakulaer und vor allem der gesundheit zutraeglich.
"if anybody promises you bliss and peace, he is cheating you. you have to find bliss and peace in yourself".
ich mag auch die betonung, in der er immer wieder sagt: "you must feel comfortable".
wie es zuging, weiss ich nicht. aber gestern punkt fuenf stand ich wieder auf der schwelle meines power-yoga-raums, diesmal frisch gewaschen.
die japanerinnen waren nicht da (haben sie geschwaechelt?). von den anderen vier teilnehmer waren mindestens drei yogalehrer und koennen ihre fusssohlen kuessen, indem sie sich von hinten durch die beine beugen. dann gibt es noch einen thomas mit rastahaaren, der auch schon das erste mal da war und immer verzweifelt stoehnt, waehrend er mit baender und bloecken hantiert.
naja, und ich bin eben auch noch da.
inzwischen habe ich den kopfstand in der dritten position geuebt. d.h., dass man den kopf vom boden abhebt und nur noch auf den unterarmen steht. yogi kamal half mir dabei.
bei der bruecke musste ich allerdings passen.
man macht hier auch so eine komische rueckwaertsrolle, bei der ich auch einen ordentlichen anschubser von yogi kamal brauche, obwohl ich doch vom aikido an rueckwaertsrollen gewoehnt bin.
inzwischen konnte ich dem unterricht besser folgen, verstand besser, was er wollte.
nach dem power yoga ging ich in meinen ashram, um mich etwas waermer anzuziehen und meine stirnlampe zu holen (an den abenden wird es naemlich ziemlich kuehl), und dann ging ich essen. die stirnlampe braucht man, um nicht auf den dunklen wegstrecken in einen kuhfladen zu treten (die kuhfladen werden hier uebrigens ordentlich aufgesammelt und getrocknet und dann als brennmaterial verwendet).
das heisst ich schleppte mich zum essen.
am wegrand machten es sich die maenner der strasse auf steinhaufen bequem. ein bettler (ist es ein bettler oder ein heiliger mann?) hat fuer sein radio eine schoene huelle genaeht, mit loechern fuer die drehknoepfe.
ich sah yogi kamal auf einem schweren motorrad vorbeibrausen. auf dem ruecksitz sass eine kleine japanerin.
ich war so erschoepft, dass ich kaum den loeffel heben konnte, um mein masala-dhosa zu essen.
um halbneun schon kroch ich unter mein moskitonetz.
p.s. gestern waren uebrigens etliche freiwillige westler mit der reinigung des ganges-ufers (im wasser und am ufer) beschaeftigt. ich konnte wegen meines zehs nicht mitmachen, aber ich schaute mit grosser sympathie zu, wie sie mit gummihandschuhen und grossen saecken bewaffnet herumgingen und muell aufsammelten.

Samstag, 7. März 2009

esoteriksupermarkt

als ich mussourie verliess, war es noch frueh am morgen. ich kaufte mir an einem strassenstand einen tee und ein bread omelette, das ich mit einem hund teilte, der vor mir sass und mich auf hundeart anblickte, bis ich ihm ein stueck meines bread omelettes zuwarf.
man moechte vielleicht nicht so genau sehen, wie dieses bread omelette zubereitet wird. z.b. glaube ich, dass die schuessel, in der das ei mit der zwiebel und der chilischote verruehrt wird, nicht so besonders oft abgespuelt wird und dass das tuch, an dem der koch erst seine haende und dann den metallteller fuer mein omelette abwischte, nicht so besonders oft gewaschen wird.
an dem stand arbeiteten vater und sohn. der vater hatte gerade vor irgendeinem hinduistischen goetterbild eine raeucherkerze angezuendet und sich davor gesetzt, um zu beten und danach eine glocke zu laeuten, mit der er um den stand herumging.
der junge mann sah ziemlich missmutig aus mit seinem ihm offensichtlich auferlegten schicksal, sein leben an diesem strassenstand zu fristen und hier alt zu werden.

mein ziel war also rishikesh, das ich nach vier stunden busfahrt mit einmal umsteigen erreichte, und meine erste reaktion, als ich hier ankam, war mir inzwischen schon bekannt:
"ich will hier wieder weg!!" ("ich will heim!" "ich will in mein bett!" "ich will auf mein klo!"usw.)
inzwischen weiss ich, dass ich jedem ort nur ein wenig zeit geben muss, und das abstossende ist ploetzlich nicht mehr so abstossend. dann finde ich meine stellen und erlebe auch was schoenes, jedenfalls was interessantes, denn langweilig ist es in indien nie.
rishikesh ist eine art yogametropole am ganges, eine heilige stadt, pilgerstadt fuer die hindus, und es gibt hier wirklich ashrams wie sand am meer. es ist die erste stadt, die der ganges erreicht, der im himalaya entspringt, und man kann in seinem wasser, das hier noch ziemlich sauber ist und eilig dahinfliesst, ein bad nehmen und sich von frueheren karma-schichten befreien.
ich glaube, ich habe ziemlich viele ueble karma-schichten. so ein bad im ganges wuerde mich also schon reizen.
das erste, was mir in den sinn kam, als mich die rikscha an der fussgaengerbruecke absetzte, ueber die man geht, um in den "heiligen" teil der stadt zu kommen: "esoteriksupermarkt". die strasse war gesaeumt von allen moeglichen geschaeften, die esoterikkrimskrams verkauften.
es liefen westler mit schlabbrigen kleidern und gebetsketten herum, an den strassenraendern sassen sadhus in orangefarbener kleidung, die ihre haende ausstreckten, kleine jungs versuchten, kiesel aus dem ganges zu verkaufen, die man dann wieder in den ganges hineinwirft, weil das, so nehme ich an, glueck bringt, usw.
wenn es ein klischee von indien gibt, dann glaube ich, man kann es in rishikesh bestaetigt finden.
die stadt war also erstmal ziemlich ueberwaeltigend, und es war nicht leicht, sich zu orientieren.
ich hatte die adresse von einem ashram, der ein ziemlich lockeres programm fuer yoga und meditation anbot und keine voranmeldung erforderte und trabte also in diese richtung, vorbei an unzaehligen heiligen kuehen, heilig aussehenden maennern, staubigen bettlern und bauchladenverkaeufern, die mir postkarten vom taj mahal verkaufen wollten, usw. usw.
die stadt ist uebrigens hundert prozent vegetarisch. ich frage mich nur, was mit allen kuehen geschieht, die sich hier natuerlich auch vermehren und mit den schweinen, die ich hier auch auf den strassen gesehen habe.
im ashram, der ganz am ende dieses stadtteils am ganges lag und ziemlich farbenfroh bemalt ist, hatte man nur noch zwei einzelzimmer, eines mit und eines ohne bad, wie mir ein schlecht gelaunter mann an der rezeption mitteilte. beide raeume lagen am aeussersten ende des ashrams direkt neben dem stromaggregat, das gerade auf vollen touren lief.
ich warf einen schnellen blick in beide zimmer, fand erst das mit bad ekliger, entschied mich aber dann doch dafuer. bekam ein "sauberes" laken, legte gleich mein seidenlaken drauf und begab mich auf eine kleine tour durch den ashram.
ein schwede mittleren alters, der vor der yogahalle des ashrams sass und seine armbanduhr inspizierte, die er am vormittag bei der reparatur gehabt hatte und die jetzt schon wieder nicht mehr funktionierte, sagte, dass er jedes jahr ein paar wochen hierher kommt.
ein paar wochen!! dachte ich. so schlimm kann es ja nicht sein.
er sagte, das yoga am morgen ist angenehm, gut fuer die gelenke und so.
kurz danach kam seine schwester, die gerade einen yoga-vortrag besucht hatte, und sie wollten jetzt zu irgendeiner ayurveda-behandlung.
ich ging mittag essen. im madras cafe, das auf einem riesigen ueber die strasse gespannten banner fuer sich warb, mit dem hinweis darauf, dass es von allen international travel guides empfohlen wird, ass ich ein "meals" und ging aufs klo.
um aufs klo zu kommen, musste man erst aus dem cafe raus und eine treppe hochsteigen. das ist ja soweit nichts besonderes. dann musste man einen raum durchqueren, in dem ein mann auf dem boden lag und schlief (und offensichtlich wohnte). das klo war aber besetzt von einem weiteren mann, der sich gerade duschte, was ich durch eine ritze in der tuer sehen konnte.
nachmittags ging ich zurueck zum ashram, ich wollte ja nicht so sein und mich mal an dem programm beteiligen. fuer 3:30 p.m war naemlich mantra chanting und angeleitete meditation angesagt.
also, sorry. das ist halt mal indien. man kann sich ja nicht gegen alles sperren.
vier hanseln sassen in der riesigen meditationshalle vor einer tafel, auf der vier verschiedene mantras aufgeschrieben waren.
ein orange gekleideter lehrer mit grauem bart, der auf einem kanapee vor vielen bunten figuren (gurus und goettern) sass, sagte, er wuerde jetzt die mantras zeile fuer zeile vorsingen und wir sollten dann nachsingen.
waehrend wir so vor uns hinsangen (gegen das mantra ist an sich nichts zu sagen, ich hatte das schon im shantivanam ashram gesungen), hantierte der mann andauernd mit dem drahtlosen mikrofon herum, es krachte und pfiff und kreischte, und er verschwand hinter der tafel, wo er voellig uninspiriert weitersang und mit diesem mikrofon weiter machte, und wir sangen vor der tafel auch weiter, ebenso uninspiriert.
das hielt ich ungefaehr fuenf minuten aus.
dann ging ich.
ich wollte jetzt entweder weg hier oder was ordentliches finden. das wasser funktionierte immer noch nicht. ich war ziemlich verschwitzt.
ich ging also wieder am ganges entlang und kam an einer tafel vorbei, auf der mit filzschrift fuer tattvaa yoga geworben wurde.
wer sich mit yoga auskennt, sagt jetzt vielleicht "um gottes willen"! aber ich kenne mich mit yoga ueberhaupt nicht aus. der unterricht sollte in zwanzig minuten anfangen.
ich steckte also meinen kopf in einen netten kleinen raum hinein, in dem yogamatten am boden lagen und wo drei junge japanerinnen es sich bereits gemuetlich gemacht hatten.
ich fragte sie, ob sie das schon mal gemacht haetten, und ob es gut sei.
ja, es sei gut, sagten sie, aber: HARD!
naja, dachte ich, was drei kleine japanerinnen koennen, kann ich auch. irgendwie werde ich das schon schaffen. schliesslich kann ich den yogakopfstand und den vollen lotussitz.
der lehrer kam. yogi kamal, ein gut aussehender junger mann, der eine fantastische energie verbreitete. es zeigte sich, dass die japanerinnen schon in japan diesen yogastil geuebt hatten und wussten, was der lehrer wollte, wenn er es in seinem schwer verstaendlichen englischen singsang in den raum hineinrief.
vielleicht nennt man das auch power-yoga. es war jedenfalls das anstrengendste training, das ich jemals besucht habe.
am ende sollten wir nicht nur den yogakopfstand machen, sondern die beine auch zu einem 90 grad-winkel absenken und dabei die balance weiterhalten.
das war aber bei weitem nicht die schwierigste uebung. bei anderen uebungen drehte er meinen oberkoerper, zog an meinen armen und beinen, drueckte von hinten, rief "lift your heart" und gab mir schliesslich einen gutmuetigen klaps auf den ruecken: "rest!"
ich dampfte und genierte mich wegen meinem ungewaschensein.
yogi kamal sagte, ich wuerde wahrscheinlich morgen ein wenig muskelkater haben. dann empfahl er uns, gut zu essen, gut zu schlafen und mehr wasser zu trinken.
ich taumelte auf die strasse und fuehlte mich fantastisch.
nach einer dusche und einer runde kleiderwaschen ging ich dann abendessen in einem rooftop-restaurant, wo ich einen griechen kennenlernte. auch er kommt jedes jahr fuer mehrere wochen nach rishikesh. er hatte schon von yogi kamal und seinen yogastunden gehoert, die den ruf haben, sehr anstrengend zu sein.
wir unterhielten uns ueber ouzo, retsina, fetakaese, ueber lesvos, chios und natuerlich auch ueber indien.
ich glaube, yogi kamal ist es zu verdanken, dass ich in der nach gut schlief, unter meinem moskitonetz, das ich an der waescheleine ueber dem bett aufgehaengt habe und auf dem bett, das so hart war, dass ich mir ein polster unter die huefte legen musste, wenn ich mich zur seite drehte.
als ich am morgen aufwachte, besuchte ich die yogastunde im ashram.
der selbe orangegekleidete gutmuetige aeltere mann, der gestern die mantra-stunde geleitet hatte, sass auf dem kanapee. diesmal war die halle voll und das mikrofon funktionierte.
die uebungen waren einfach und fuer ungeuebte westler geeignet. danach folgte eine viertelstunde angeleitete meditation, bei der wir "om" vor uns hin summten.
immer wieder sagte der lehrer, "make yourself comfortable", und es war nichts gegen die stunde einzuwenden, weil sie, wie der schwede schon sagte, die gelenke schoen aufwaermte.
ich habe im ashram fuer vier naechte bezahlt. heute werde ich mal sehen, was rishikesh sonst noch fuer mich bereithaelt und ob ich mir vielleicht auch vorstellen kann, laenger hierzubleiben.
liebe gruesse!

Donnerstag, 5. März 2009

snaks bar in happy valley

um das sakshama cyber cafe in happy valley, der tibetischen kolonie von mussouri zu kommen, musste ich erstmal eine nicht besonders vielversprechende treppe hinaufsteigen und dann einen nicht besonders vielversprechenden gang entlang gehen. aber dann befand ich mich im herzen der cyber-community von happy valley. das cafe hat eine "snaks bar" und ist in erster linie von jungen maennern bevoelkert. und eben von mir.
newman mein name.
goodbye, newman, sagte der junge mann zu mir, mit dem ich mich im zug unterhalten hatte, im sitzen eingequetscht zwischen oberer und unterer pritsche. er wusste ziemlich viel. z.b. erklaerte er mir, dass es in europa germanische und romanische sprachen gibt, er wusste alle hauptstaedte europas und die verschiedenen laender suedamerikas, er konnte "was machst du" sagen, allerdings verstand ich es nicht, er wusste, dass die mauer 1990 gefallen ist (1989, warf ich ein) und deutschland davor aufgeteilt war in einen kommunistischen und einen kapitalistischen teil. und dass die deutschen hitler vergoettern.
halt. stop. da musste ich ihn natuerlich belehren und ihm einen kleinen vortrag halten. ich hoffe, dass er ihn verstanden hat.
ich gab ihm meinen pass und meinen impfausweis zu lesen. wir unterhielten uns ueber alles moegliche, z.b. ueber die schnarcher, die auf der mittelpritsche lagen, und ich lernte, was schnarchen auf hindi heisst, etwas wie "krate", was ich ziemlich lautmalerisch fand.
als der zug losfuhr, war ich fast allein in einem ganzen sleeper abteil.
was, sollte indien sich ploetzlich in ein paradies verwandelt haben?
aber als der zug an einem anderen bahnhof in delhi anhielt, stroemten die massen herein, hauptsaechlich studenten, die nach dehra dun fuhren, weil der ort naemlich ein zentrum fuer ausbildung ist, wie ich in meinem reisefuehrer gelesen habe. viele exiltibeter. und dann die zwei beleibten und missmutig aussehenden indischen maenner, die natuerlich mein abteil teilten und sich als grosse schnarcher entpuppten.
die studenten mussten sich bis lange in die nacht unterhalten. dann kam ein kleiner aufgeregter mann, der vor meiner sleeperabteilung herumschrie und beinahe eine schlaegerei angefangen haette. ich hatte keine ahnung, worum es ging, aber der schaffner kam dann und klaerte das problem, und die studenten kicherten und glucksten.
in dehra dun stieg ich, mit der hilfe des studenten, der sich so gut auskannte und der mich "newman" nannte, gleich in einen bus nach moussourie, das ist eine hill station.
hauptsaechlich, um irgendwo anzukommen, wo ich mich erstmal in ruhe sortieren kann, meinen rucksack auspacken, irgendwie zu mir kommen, vielleicht ein bisschen spazieren gehen.
was ich jetzt auch gemacht habe. ich wohne im hotel super. das ist kein witz. der hotelboy zog den vorhang beiseite und sagte: "view!" es war vielleicht seine besondere art von humor, ich sah naemlich nur eine mauer. aber das macht nichts. das hotelzimmer ist akzeptabel, fuer indische standards jedenfalls, und ich bleibe nur eine nacht hier.
das hotel wirbt uebrigens mit "wall-to-wall-carpet", was teppichboden bedeutet, aber auf den wuerde ich lieber verzichten, weil er ungefaehr 20 jahre alt ist (meine schaetzung) und der cleaning boy keinen staubsauger hat, sondern nur einen reisigbesen.
dass die bettlaken grosse dunkle flecken haben, liegt auch nur daran, dass einer meiner vorgaenger seinen fruehstueckskaffee darueber ausgeschuettet hat, der beim waschen nicht mehr rausgeht. und schliesslich habe ich mein wunderbares seidenlaken.
der zug und auch die strasse war uebrigens voll von orange gekleideten pilgern und heiligen maennern (sadhus), die unterwegs waren zu irgendeinem guru.
nach einer wunderbaren heissen dusche im hotel super ging ich in frische kleider gekleidet hinaus, um einfach ein bisschen durch die strassen zu schlendern. ich ass etwas zu mittag, in einem tibetisch-chinesischen restaurant mit dem namen "rice bowl" und trank einen ginger honey tee dazu.
irgendwann beschloss ich dann, zum buddha tempel zu gehen. nahm mir eine fahrradrikscha, und das war eine weise entscheidung, weil der weg laenger war als er auf der karte aussah, die ich im tourist office bekommen hatte. und als mich der rikschafahrer absetzte, musste ich immer noch eine halbe stunde laufen.
aber das machte nichts. die luft war kuehl und angenehm, die sonne schien, es gab kaum ein auto auf der strasse.
happy valley ist, wie der name es schon suggeriert, ein stadtteil, in dem wirklich eine friedliche stimmung herrscht.
heute habe ich ein neues sprichwort erfunden: wo man saet und pflanzt, da lass dich nieder.
eine fruehre muellkippe war (von einem herrn yongden oder so) in einen garten verwandelt worden und davor stand ein schild mit der aufforderung, die natur nicht mit gedankenlos weggeworfenem muell zu verschandeln.
viele kleine blumentoepfe (alte blechdosen oder plastikeimer) standen vor den haeusern, bepflanzt mit kraeutern und blumen.
von der tibetischen schule, einem riesigen gelben gebaeude, gingen die aelteren jungs zum tea shop, um dort etwas zu essen und physik zu lernen. ein paar maedchen gingen zum gipfel des bergs, auf dem an langen leinen unzaehlige gebetsfahnen flatterten, setzten sich dort alleine hin und lasen in ihren buechern.
es ist irgendwie so eine ruhige und respektvolle stimmung hier.
ich ging zum tempel, vor dem ein tibetischer moench sass, der in irgendeiner sanskritschrift las. ich zog meine schuhe aus und ging in den tempel hinein, nachdem ich den moench gefragt hatte, ob das in ordnung sei. dort sassen an kleinen tischen zwei schulmaedchen und rezitierten sutren, die auf grosse lange blaetter gedruckt und in orangefarbenen stoff eingeschlagen waren.
vor dem tempel waren auch viele blumentoepfe, mit kleinen pflanzen bepflanzt.
die aussicht ueber die berge war grossartig. eine alte tibetische nonne unterhielt sich mit einer tibeterin.
ich drehte an ein paar tibetischen gebetsmuehlen, die das "om mani padme hum" auf unzaehligen zetteln enthalten.
und jetzt bin ich im sakshama cyber cafe, das die langsamsten computer hat, die ich seit langem erlebt habe und in das grade ein paar kleine und gutgelaunt schnatternde kleine jungs hereingekommen sind, die aber vom cyberchef mit einem schnalzen der zunge wieder hinauskomplimentiert wurden.