Dienstag, 3. März 2009

was zu delhi und was ich hier so gemacht habe

ich habe gestern eine zweistuendige fahrradrikscha-tour durch old delhi gemacht.
voellig apathisch sass ich auf der bank (ich hatte eine rikscha mit sonnendach gewaehlt) und liess mich einfach durch die gassen transportieren.
waere man laenger hier, das chaos wuerde sich ordnen: hier ist die schuhgasse, hier die gewuerzgasse, hier die brillengasse, hier die gasse fuer hochzeitskarten, hier die gasse fuer elektronische artikel, hier die buechergasse usw.
es ist ein voellig unbegreifliches wunder, dass bei dem chaos und dem gedraenge immer noch was weitergeht. der verkehr wird hauptsaechlich von fahrradrikschas bestritten. ausserdem gibt es haufenweise zugkarren, auf denen waren durch die gassen transportiert werden. ein alter mann sass mit mehreren stapeln gefuellter eierkartons in einer fahrradrikscha.
eine muslimische begraebnisprozession kam vorbei, die nur aus maennern bestand.
kleine schulmaedchen in uniform und mit geflochtenen zoepfen wurden mit schulrikschas nach hause gebracht, auf deren baenke jeweils sechs maedchen platz hatten. hinten hingen an einem haken sechs bunte rucksaecke. andauernd wird gerufen und gehupt, ungeduldig an der rikscha des nachbarn geruetttelt.
die traeger haben sich auf ihre zugkarren gelegt und schlafen in der mittagshitze.
irgendwo wird essen in kleinen papierschuesseln kostenlos ausgeteilt, und es bilden sich lange schlangen.
der mann vom internetpoint sagte uebrigens, er hat heute den preis fuer das internet gesenkt, weil ich am vormittag zu ihm gesagt habe, dass dies das teuerste internet ist, das mir in indien begegnet ist. das ist auch delhi. die ganze zeit hat man das gefuehl, dass die stadt gegen einen ist, und dann kommen so nette gesten, auch wenn es vielleicht nur die halbe wahrheit ist.
ich habe heute mit einem mann aus mumbai zu mittag gegessen. ich hatte ihn in irgendeinem kleinen laden gefragt, ob das restaurant nebenan gut sei, weil ich gehoert hatte, dass er gut englisch sprach. er sagte, wenn du gut essen willst, dann iss nicht hier. er bot mir an, mich mit dem auto ein stueck mitzunehmen, zu einem guten restaurant, und schliesslich lud er mich sogar ein. es war das beste essen, das ich in delhi bisher gegessen habe.
er war koch. wir redeten ueber essen. er hat vor, ein restaurant zu eroeffnen, in dem traditionelles indisches essen serviert wird.
was zum beispiel?
zum beispiel gefuellte auberginen, gefuellter indischer kaese (mit einer mischung aus nuessen und spinat gefuellt), etwas mit lotusblueten. klang lecker.
am fernsehen wurden szenen von dem kricketspiel in pakistan gezeigt, bei dem einige spieler aus sri lanka (?) von terroristen angeschossen wurden.
wir unterhielten uns ueber delhi, und er teilte meine ansicht, dass delhi eine harte stadt ist. mumbai sei anders, die leute freundlicher, der verkehr nicht so chaotisch.
auch in chennai sind die menschen viel warmherziger, freundlicher als hier.
hier laechelt einen kaum jemand an.
ich habe heute uebrigens ungefaehr eine viertelstunde lang vergeblich versucht, eine fuenfspurige fahrbahn zu ueberqueren.
dann war ich kurz davor, den verstand zu verlieren. ich zeigte den autofahrern den vogel.
es gab auch nicht das geringste anzeichen eines fussgaengeruebergangs.
und wenn es einen fussgaengeruebergang gibt, dann heisst das so viel wie nichts, null, nada.
gestern lief ich bei connaught place, dem kommerziellen zentrum, von delhi herum und wurde ungefaehr alle fuenfzig meter von jemandem angesprochen.
where do you come from?
ma'm, what are you looking for?
ma'm, you want to go somewhere? riksha? taxi?
ma'm, this block B.
ma'm, can I help you?
einer spielte beleidigt, als ich seine frage nicht beantwortete.
ich sagte zu ihm, jeder, der mich hier anredet, ist sowieso nur an meinem geld interessiert.
ich aber nicht, sagte der beleidigte rikschafahrer, ich will mich nur unterhalten.
ich unterhielt mich also mit ihm. wo ich herkomme, wie lange ich schon hier bin, wie lange ich noch bleibe. ich hatte keine lust, die wahrheit zu sagen und erfand irgendwas.
danke, dass sie sich mit mir unterhalten haben, sagte er.
bitteschoen, sagte ich.
auf wiedersehen.
auf wiedersehen.
ma'm you from france?
no.
germany?
no, finland.
oh, finland, nice.
hundert meter weiter spricht mich ein anderer mann an.
you from finland?
(sein kumpel hatte ihn angerufen und die information weitergegeben)
no, from iceland.
iceland? oh, i thought you from finland. iceland, i don't know so much from iceland.
it's very very cold. only ice. veeeeery cold.
only ice. oh. what you do in india?
i go fishing. i like fishing whales.
ein paar hundert meter weiter:
ma'm, where you come from?
from nowhere.
oh. norway? what are you looking for?
was habe ich noch in delhi gemacht? ich habe ein choco baby (eis am stiel gegessen), ich habe in einer barista espressobar einen cappuccino fuer 55 rupies getrunken und ein gespraech mit einem mann mit dem namen ali gefuehrt, der im sommer eine kanadierin heiratet und nach kanada zieht.
er redete von der korruption in indien und darueber, wie furchtbar delhi ist.
alle inder scheinen nur wegzuwollen aus indien.
auf dem kleinen marktplatz, wo ich immer ins internet gehe, bietet fast jeder kleine kiosk visum-formulare fuer die usa an.
ich hatte heute eine theorie: als tourist in delhi man eine art strassenhund, den gesetzen der strasse ausgeliefert. man muss sich bestimmte ueberlebenstechniken aneignen, schnell reagieren koennen und immer auf der hut sein.
die kunst in delhi bus zu fahren: die kunst auf einen fahrenden bus aufzuspringen und aus einem fahrenden bus wieder auszusteigen und sich davor durch den ganzen bus durchzudraengen und den busfahrer durch gezieltes rufen dazu zu bringen, bei der haltestelle zumindest die geschwindigkeit zu verlangsamen.
ich habe mir in delhi von einem schuster auf der strasse die naht meiner schuhe naehen lassen.
heute habe ich den Qutab Minar besucht, das ist so ein riesiges minarett, das irgendwann im 12. jahrhundert von einem muslimischen herrscher gebaut wurde. ich kann mit dieser art von triumphaler phallischer religionsarchitektur nichts anfangen, schon gar nicht, wenn ich lese, dass dieser herrscher buddhistische kloester zerstoeren und moenche abschlachten liess. daneben wollte dann ein anderer herrscher ein noch groesseres minarett bauen lassen, aber er starb waehrend der bauarbeiten, und jetzt steht nur ein haesslicher kleiner stumpf da.
diese mausoleums-sucht kann ich auch nicht begreifen. vielleicht habe ich deshalb inzwischen keine lust mehr, zum taj mahal zu fahren. es ist mir aber auch ganz einfach zu stressig.
auf dem gelaende des Qutab Minar fand eine filmeinspielung fuer irgendeines dieser indischen musikvideos statt. dreissig oder vierzig junge maenner in dunklen (abgetragenen) anzuegen, mit krawatte und einem vor mund und nase gebundenen taschentuch mussten in der mittagshitze eins ums andere mal eine tanzeinlage wiederholen, bis der regisseur endlich zufrieden war.
ich wollte dann noch in das museum fuer moderne kunst, habe aber so viele widerspruechliche richtungshinweise bekommen, dass das museum, als ich ankam, nur noch zwanzig minuten geoeffnet war und ich das vorhaben also auf morgen verschob.
morgen abend fahre ich dann mit dem nachtzug nach dehra dun. alle sagen, dass uttrakhand schoen ist und dass die leute dort nett sind. wahrscheinlich werde ich dort waermere kleider brauchen.
bis dann, alles liebe.

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