Mittwoch, 4. März 2009

hindi und mein grosser zeh

(der internetmann hat die preise jetzt wieder erhoeht.)
ich weiss nicht, warum mir delhi so unfreundlich vorkommt. aber ich bin ja nicht die einzige. auch die inder bestaetigen es mir. heute hatte ich noch eine weitere theorie: vielleicht liegt es an der sprache. hindi klingt naemlich ziemlich hart, viel anders als das gutturale und singende tamil oder auch mayalayam, das man in kerala spricht.
dabei kann ich mich nicht beschweren. niemand ist ja so richtig unfreundlich zu mir gewesen, und ich bin eigentlich im grossen und ganzen gut zurecht gekommen, vielleicht auch, weil ich meine strassenhundeigenschaften schon ziemlich weit entwickelt habe.
in ein paar stunden geht es jetzt zum zug. das klingt einfach. aber es ist mir doch ein bisschen bange. vor den verhandlungen mit dem rikschafahrer. vor dem gedraenge am bahnhof usw.
ich bin sehr froh, dass bald eine ganze naechtliche zugfahrt zwischen mir und delhi liegt.
heute war museumstag. ich machte mich in der frueh mit saba, meiner zimmergenossin aus kashmir, auf den weg, weil sie in der selben gegend arbeitet, in der das museum liegt.
kurz vor zehn am museum angekommen, lieferte ich meine tasche in einem clark room ab, wo sie von einem sicherheitsmann eingeschlossen wurde, der mir daraufhin den schluessel ueberreichte, ein ziemlich pfiffiges system.
dann ging ich durch die sicherheitssperre mit der aufschrift "ladies" (ueberall in delhi sind solche sicherheitssperren, aber in der regel weiss ich nicht, worauf die sicherheitsmenschen eigentlich achten. es piepst sowieso bei jedem. manchmal muss man seine tasche oeffnen, und sie werfen einen kurzen blick hinein, und das war es dann), kaufte mir eine eintrittskarte zum auslaenderpreis, liess mir eine audiofuehrung aushaendigen, fuer die ich 2000 rupies pfand daliess (ein vermoegen) und liess mir von einer museumsdame mit einer roboterhaften stimme erklaeren, dass leider nicht alle teile der sammlung zugaenglich seien.
dieses museum ist glaube ich das schmuckstueck indiens, 1949 eroeffnet und 1960 in diesem gebaeude untergebracht. es stank fuerchterlich nach dem putzmittel, mit dem hier ueberall geputzt wird.
die audiofuehrung war ganz gut. ich hatte die englische version gewaehlt (es gab auch deutsch) und freute mich an dem schoenen akzent des englischen sprechers und an seinem echten enthusiasmus. das einzige was komisch war: die objekte, die von der audiofuehrung erklaert wurden, waren oft gar nicht beleuchtet, weil die birne ausgefallen war.
ich hatte keinen ehrgeiz, mir was zu merken, lernte aber ein paar interessante dinge. z.b. die legende von ganga, der flussgoettin, die in shiva verliebt war, doch von ihm zurueckgewiesen wurde. daraufhin wurde sie so unglaublich wuetend, dass sie die ganze erde zu verwuesten drohte. aber shiva verwandelte diese wut irgendwie in seinem kopf, so dass ganga zu einem grossen fluss wurde, dem ganges.
es waren natuerlich viel mehr abteilungen geschlossen als nur ein paar, und die die geoeffnet waren (muenzen und waffen) interessierten mich nicht besonders. das ganze museum machte einen etwas duesteren eindruck, obwohl es von aussen ein imponierendes gebaeude ist. als ich nach zweieinhalb stunden wieder in die hitze hinaustaumelte, hatte ich hunger.
mein plan: ich gehe jetzt zur nationalgalerie fuer moderne kunst, die ein ganz neues und frisch eingeweihtes gebaeude hat und sicher eine funkelnagelneue cafeteria, so ungefaehr im stil mit moderna museet in stockholm. ich stellte mir tatsaechlich was wie caffe latte vor, weil ich halt immer noch nichts gelernt habe.
nahm mir fuer den kurzen weg eine rikscha, weil ich aus meinen erfahrungen gestern klug geworden war (wo ich vergeblich versucht hatte, die strasse zu ueberqueren).
ihr habt es natuerlich schon erraten: es gab keine cafeteria und kein restaurant und ueberhaupt nirgendwo in der ganzen gegend, wie man mir am eingang mit duesterem blick versicherte (ich glaube, die bewohner von delhi haben auch nicht meine sorte von humor, ich fand es also gar nicht lustig), und ueberhaupt wuessten sie ueberhaupt nicht, wo man in ganz delhi was zu essen bekommen koennte.
schliesslich liess ich mich von einer rikscha zum naechsten restaurant bringen. ich nahm mir vor, mich heute so richtig zu verwoehnen (schliesslich ist der geburtstag meiner schwester), und ging in ein restaurant mit dem namen ichibana, das von einem mann in uniform bewacht wurde und ziemlich vornehm aussah. es war ein restaurant fuer chinesische, thai und japanische kueche, und die klimaanlage war auf hochtouren eingestellt.
dort bestellte ich sieben gemuese in cremiger knoblauchsosse und dazu reis, pickte mit meinen staebchen hungrig das ganze sauer eingelegte gemuese schnell weg, das man mir als appetitanreger hinstellte, trank ein fruchtbier, verspeiste eine portion, die auch fuer zwei gereicht haette und schluerfte hinterher noch einen eiscafe. dann liess ich noch ein koenigliches trinkgeld da, und zufrieden mit mir und der welt schlenderte ich zurueck zur nationalgalerie fuer moderne kunst.
dort kaempfte ich mich dann in ungefaehr zwei stunden durch eine stattliche anzahl gemaelde. vieles ziemlich interessant, aber eben auch eine bunte mischung, was ziemlich ermuedet, wenn man keinen einzigen namen kennt.
eine kuenstlerin blieb bei mir haengen: amrita sher-gil. ich hatte von ihr noch nie etwas gehoert, aber die bilder hatten wirklich was besonderes. sie war die tochter eines indischen sikh und einer ungarin, studierte in paris kunst und kam im alter von 21 jahren auf der suche nach ihrer indischen identitaet nach indien. tragischerweise starb sie nach einer kurzen krankheit schon im alter von 28. die bilder haben eine unglaublich kraft und eigenstaendigkeit, was man von vielen anderen ausstellungsstuecken nicht sagen konnte. im museumsshop habe ich dann ein buch ueber sie durchgeblaettert und gesehen, dass fast ganze familie kuenstlerisch taetig war.
so, und jetzt bin ich wieder hier.
noch was muss ich erzaehlen. auf dem weg von der jugendherberge zu meinem internetpoint komme ich immer an einem verfallenen haus vorbei, in dem offensichtlich zwei alte leute wohnen. ich freue mich immer, wenn ich da vorbei komme, weil sie eine solche wuerde ausstrahlen. sie haben auch einen hund, einen spitz, der immer stolz und wachsam vor dem eingang liegt und weiss, dass er einer der wenigen hunde in delhi ist, um den sich jemand kuemmert.
ach, und jetzt sehe ich, dass ich in der ueberschrift meinen grossen zeh erwaehnt habe. ich muss also noch sagen, dass ich mir vorgestern den rechten grossen zeh ganz boese angehauen habe, als ich auf dem weg in die metro war. mir wurde so schlecht, dass ich mich am gelaender anhalten musste, was gleich einen alten mann zu schimpftiraden verleitete. der halbe zehennagel hat sich aus dem nagelbett gehoben, ist aber nicht abgegangen. und jetzt ist also der halbe zeh so ziemlich schwarz. ich habe ihn mit einem polster geschuetzt, aber geschlossenen schuhe kann ich die naechsten tage wohl nicht anziehen.
wenn ich mich wieder melde, bin ich schon ein paar hundert kilometer weiter noerdlich.

2 Kommentare:

KP hat gesagt…

Delhi klingt wirklich aufregend. Schön, das alles gemütlich im behaglichen Wohnzimmer zu lesen, da in echt zu sein ist es vermutlich weniger. Varianten auf die Frage, wo man herkommt, zu antworten habe ich mal in Indonesien ausprobiert. "Disneyland" war ein rechter Lacher für die Javanesen. "Belgium" war unbekannt. Ich hoffe, Du hast den Tee aus dem mit Schmutzwasser gespülten Glas gut vertragen und dass Deine Zehe wieder rosa wird. Sei gedrückt!

Sabine Neumann hat gesagt…

lieber kp, da bin ich aber froh, dass ich nicht die einzige bin, die so reagiert hat. aber disneyland, das muss einem erstmal einfallen... ich druecke zurueck. mein magen vertraegt uebrigens bisher alles. und der zeh verhaelt sich im ruhezustand auch ganz patent.