Dienstag, 24. Februar 2009

urlaubsstimmung und haare

urlaubsstimmung im zendo. viele reisen ab, die mir lieb sind. neue kommen. ein paar sind ueber den tag weg. beim mittagessen ist der speisesaal nur spaerlich besetzt.
ich glaube, ich habe in diesen vier wochen zugenommen. das essen ist einfach unbeschreiblich gut. jeden mittag gibt es vier oder fuenf verschiedene gemuesegerichte, reis, salat, wie bereits beschrieben, aber in einer unendlichen vielfalt.
nach dem mittagessen ging ich mit anita ins dorf. wir tranken ein kaffee an einem der vielen kaffeestaende, doch unser kaffeemann war der zerstreuteste und vielbeschaeftigste des ganzen ortes, so dass wir auf unsere kleinen pappbecher mit nescafe lange warten mussten, obwohl wir seine einzigen kunden waren.
zwei touristen trabten vorbei. sucht ihr etwas, fragte ich. es waren franzosen. sie hatten einen reisefuehrer in der hand. ein guest-'ouse.
ein guesthouse? aber hier gibt es kein guesthouse?
ist das nicht kodaikanal?
sie waren zwoelf kilometer zu frueh aus dem bus ausgestiegen.
am vormittag half ich der bibliothekarin beim uebersetzen eines texts. was dazu fuehrte, dass neuankoemmlinge, die in die bibliothek kamen, mich fragten, was ich ihnen zum lesen empfehlen wuerde. ich hatte natuerlich gleich einen vorschlag und fuehrte sie zu einer der glasvitrinen, um das buch fuer sie herauszusuchen ("zengeist, anfaengergeist" von shunryu suzuki).
habe ich schon geschrieben, dass ich mir vorgenommen habe, mir in indien die haare nicht schneiden zu lassen? wenn ich sie vorne herunterziehe, gehen sie mir schon an die oberlippe. ich habe neue locken bekommen. die indische luft tut meinen haaren gut.
da ich jetzt fuer den japanischen garten zustaendig bin, habe ich mich gestern einmal an diesen sandgarten gemacht. kaum war ich reingelatscht, hatte ich es schon bereut. es ist fuerchterlich schwer, wieder herauszukommen, ohne fussspuren zu hinterlassen. als die arbeitszeit schon lange zuende da, war ich immer noch mit dem rechen beschaeftigt.
aber man muss ja mit allem einmal anfangen. kurz danach lief eine katze durch mein werk.
ich bin im kopf schon am abreisen. morgen ist noch ein stiller tag, und dann ist ein freier tag, an dem ich ein letztes mal nach kodaikanal laufe.
ich verspreche, dass mein blog ab freitag wieder etwas ereignisreicher wird.

Montag, 23. Februar 2009

das zen des spiegeleis

auszuege aus meinem sesshin-tagebuch:

"Don't expect anything!"

"Everything is already here!"

"Ordinary mind, ordinary life."

in der nacht traeume ich, dass ich ein kleines auto (eigentlich ein moped) habe, bei dem ich mittreten muss.

4. tag: (die planungsphase) - ich plane alle moeglichen und unmoeglichen kunstprojekte (z.b. stromkabel, in wachs getaucht, kleine origamifiguren, die ueber porzellanteller laufen, ein vergoldeter holzstecken "shitstick", und weiteres dieser art).

"Come to your true self. You are already there!"

allein im zendo: ein augenblick vollkommener stille.

meine aufgabe (dining hall). es ist ein schoener augenblick, wenn ich am abend in dem leeren raum die tische abwische und dann alle lichter ausknipse.

ich sah heute dem hin und her der kleinen streifenhoernchen auf dem weg zu.

ich steckte eine blume in die schale vor britt-maris grabstein.

"What is the meaning of your life? What is the ultimate reality?"

traeumte, zwei alte schulfreunde wollten zum fruehschoppen gehen und beschrieben mir genau den weg zur kneipe.

traeumte, eine frau aus der gruppe sagte, sie haette sich das innere der flugzeuge nach indien golden vorgestellt. aber wenigstens habe es genug toiletten gegeben.

jemand setzte sich beim "freien zazen" auf "meinen platz".

ich will aus meiner haut heraus.

gleichzeitig: es ist hier. in diesem augenblick. nichts hinzufuegen. nichts wegnehmen.

jemand fuellt die pfefferdoeschen mit reis. ein(e) verrueckte(r)?

mache plaene fuer den tag meiner abreise, fuer meine ankunft in chennai, fuer meine zeit in delhi. unterhosen kaufen!

mystery. graciousness.

Sonntag, 22. Februar 2009

bin wieder draussen

hallo ist hier noch jemand, oder seid ihr alle eingeschneit?
das sesshin ging heute zu ende. und vielleicht schreib ich morgen was drueber.
es ist schoen, wieder draussen zu sein, aber es war auch schoen, drin zu sein.
es ist immer unerhoert bewegend, wenn der gong zum ende des sesshins geschlagen wird. mir auch heute liefen mir wieder ein paar traenen uebers gesicht.
wir (insgesamt 6 leute) machten nach dem fruestueck die uebliche wanderung richtung kodai.
ich wollte aber von der hauptstrasse aus mit dem bus zurueck fahren (und hier pasta essen!).
der weg geht ziemlich steil bergauf, man kommt ganz schoen ins schwitzen. ich redete mit einem alten schulkameraden, den ich hier getroffen habe (die welt ist schon verrueckt, oder), ueber alte schulerlebnisse, schulfreunde usw.
irgendwann fiel michael aus australien auf, dass er seine kamera nicht mehr bei sich hatte.
er glaubte, dass er sie auf dem weg hatte liegenlassen, als er sein t-shirt auszog.
da ich den weg gut kenne, fragte er mich, ob ich ihn noch einmal begleite.
wir fuhren erst mit dem bus zum ausgangspunkt und gingen dann den ganzen weg noch einmal, in ungefaehr der doppelten geschwindigkeit.
wir kriegten hunger und assen alle cashewnuesse und alle getrocknete feigen, die michael in seinem rucksack hatte.
der weg dauert normalerweise zweieinhalb stunden. als wir schon fast wieder an der bushaltestelle angekommen waren und die moeglichkeiten diskutierten, die noch uebrig blieben, kam eine sms von michaels frau. er hatte die kamera ueberhaupt nicht mitgenommen, sondern vor seinem zimmer auf einen stuhl gelegt.
also warteten wir auf den bus und erzaehlten uns einige der traeume, die wir waehrend des sesshins gehabt hatten, was immer ziemlich interessant ist.
in perumal malai holte ich meine neue hose ab, diesmal wickelmodell. natuerlich hat der schneider nicht genau gemacht, was ich wollte, aber die hose ist trotzdem ziemlich gut geworden.
es waren nur noch ein paar kalte verkochte nudeln fuer uns uebrig, wir haben sie uns aber reingedrueckt und dann allen von unserem abenteuer erzaehlt.
ich habe eine neue arbeitsaufgabe fuer naechste woche: japanese garden. das klingt gut, oder!?

Montag, 16. Februar 2009

abwesenheitsmeldung

heute abend beginnt das sesshin. ich habe alle meine kleider gewaschen und zum trocknen aufgehaengt, ich werde meine buecher und alles was mich ablenken kann, im schrank verstauen. bis zum sonntag ist der internetraum geschlossen. bin also nicht erreichbar.

ich wuensche allen lesern eine schoene woche, bis spaeter.

Sonntag, 15. Februar 2009

die wohnung renovieren (erweiterte und ergaenzte fassung)

"First, do zazen. That is pretty hard. Zazen is best because zazen is ridiculous. It is perfectly ridiculous." das ist ein zitat aus dem buch, das ich grade lese: "Returning to Silence", von Dainin Katagiri.

heute ist sonntag, ein halbfreier tag, d.h. es gibt nur morgens und mittags sitzungen. sonntag ist auch pasta-tag. weil die arbeitszeit am sonntag ausfaellt (ausser fuer die leute, die den speisesaal saubermachen, d.h. fuer n. und mich...) und es nur freiwillige gemuesehacker gibt, hat es am sonntag bisher immer nudeln mit tomatensosse und kaese gegeben. da ich an einem sonntag ankam, war ich erst enttaeuscht (europaeisches essen!!! baeh!!), aber inzwischen kann ich mich auf dieses spezielle sonntags-treatment freuen (und abends gibt es immer pellkartoffeln).

ich weiss nicht, wie oft ich in den naechten hier schon getraeumt habe, dass ich umziehe, eine wohnung renoviere etc. in einem anderen traum stieg ich auf einen kirchturm und wollte dann wieder umkehren, weil ich nur pantoffeln anhatte und mich auf der leiter unsicher fuehlte. aber ein mann auf der leiter neben mir spornte mich an, weiter zu klettern.

ich habe heute vormittag einen ausflug ins dorf gemacht. ich ging den laengeren weg durch die bananenplantagen, um ein paar nahaufnahmen von bananenblaettern zu machen, trocken und gruen und gesprenkelt, im gegenlicht und im schatten, von unten, oben, von der seite. der jeep des bodhizendo nahm mich dann ein stueck mit. was ich dorf nenne, ist eigentlich nur die ansammlung von ein paar buden um die bushaltestelle herum.

ich brachte den dhoti-stoff zu "meinem" schneider, mit der bitte, eine hose draus zu naehen. komischerweise sind seit der letzten hose die preise gestiegen, aber ich hatte keine lust, mich deshalb irgendwie aufzuregen. dann ging ich einen steilen sand-/steinweg hoch, der eine abkuerzung zum bodhizendo ist. ich hatte angst, dass die pferde wieder da sein wuerden, denen man die vorderbeine eng zusammengeschnuert hat, damit sie sich nicht schnell bewegen koennen. es schneidet mir immer so ins herz, wenn ich sehen muss, wie sie sich muehsam huepfend vorwaertsbewegen. heute wurden die pferde jedoch weggefuehrt, und man hatte die stricke geloest. man konnte sehen, dass ihre vorderbeine nicht daran gewoehnt sind zu laufen, und die fesseln sind ganz blank und wund gescheuert. manchmal sitze ich auf dem kissen und denke an diese pferde und habe irgendwie lust zu heulen.

weil sonntag ist, waren viele leute draussen vor den haeusern, viele kinder natuerlich auch, sie schenkten mir blumen, die sie schnell am wegrand pflueckten oder wollten, dass ich sie fotografiere. natuerlich habe ich ihren wunsch, wie immer, erfuellt. kaum hebt man dann den fotoapparat hoch, kommen wie aus dem nichts gleich vier, fuenf kinder daher und stellen sich vor der kamera in positur. die kinder finden es besonders lustig, wenn ich einen kleinen film von ihnen drehe. danach draengt sich eine ganze traube von kinder um die kamera und moechte den film oder das bild sehen. "super!" ist der haeufigste kommentar. ich weiss nicht, ob sie das in der schule lernen.

zur zeit findet in einem anderen nachbardorf ein fest statt, das drei tage dauert. von punkt halbsieben uhr morgens wird musik (konserve und live) ueber lautsprecher gespielt, und das geht dann so ziemlich nonstop weiter bis um halbzehn uhr abends. wenn jemand im dorf stirbt, wird das auch auf lautsprecher durchgesagt. und in der nacht sieht man dann die feuerstelle im dunkeln und den riecht den rauch, der hochzieht.

ich bin jetzt die haelfte meiner zeit hier. inzwischen habe ich ein hotel in delhi gebucht, mit pickup vom flughafen. das fuehlt sich ziemlich schoen ab. jemand wird da stehen und ein schild mit meinem namen und dem namen des hotels hochhalten... koennt ihr euch das vorstellen?

ich habe gerade ein paar tage genervtsein hinter mich gebracht. es brauchte nicht viel, damit ich mich genervt fuehlte. z.b.: 1. jemand nimmt zum fruestueck zwei spiegeleier, obwohl die spiegeleier nicht einmal fuer alle reichen. 2. jemand nimmt zwei grosse loeffel salatsosse, obwohl es am abend nur ganz wenig salatsosse, aber ganz viel salat, gibt. 3. jemand nimmt zum abspuelen nochmal extra einen riesenklecks abspuelmittel, obwohl es verschiedene becken mit abspuelwasser (mit und ohne spueli) gibt... usw. bis ins unendliche..., z.b. 4. jemand geht langsam, oder 5. jemand schlurft beim gehen, oder 6. jemand laechelt andauernd, oder 7. jemand bewegt sich irgendwie so geschaeftig, 8. leute benehmen sich so ehe-paarig. so viel zu meinem anger-management...

Donnerstag, 12. Februar 2009

reiseplanung und schoenheit

diese woche habe ich einen tag auf meine weitere reiseplanung verwendet.
man muss sich hier fruehzeitig um zugreisen kuemmern, weil sonst naemlich alles ausgebucht ist, v.a. die nachtzuege.
am 27. februar fahre ich also von hier mit bus und zug nach chennai/madras. dort nehme ich am 28. februar abends das flugzeug nach delhi. dort habe ich erstmal vier tage eingeplant und fahre dann am 4. maerz abends weiter nach dehra dun im norden. von dort aus will ich unter anderem nach rishikesh fahren und die quelle des ganges besuchen und dann nach dharamsala weiterreisen.
heute war wieder ein freier tag, d.h. ich machte wieder die wanderung ueber die berge nach kodai kanal (2 1/2 stunden wandern, dann noch eine viertelstunde bus fahren).
wir waren insgesamt zu fuenft. ich unterhielt mich mit einer jungen frau aus moskau (sie kommt eigentlich aus sibirien), die oekologie studiert hat, aber eigentlich fotografin werden will, und die in der naehe von trichy einen kurs fuer yogalehrer abgeschlossen hat. wir redeten ueber die mieten in moskau und solche dinge.
eine junge frau aus london, die "auch schreibt", fragte mich, ob ich finde, dass zen das schreiben leichter macht oder schwerer. ich sagte, schwerer. sie sagte, sie hat die selbe erfahrung gemacht.
das ist ein kompliziertes thema, und vielleicht ist das auch ganz persoenlich.
beide haben wir versucht, wegen dem schreiben mit zen aufzuhoeren, und dann haben wir versucht, wegen zen mit dem schreiben aufzuhoeren, aber beide hoffen wir noch darauf, dass es irgendeinen dritten weg gibt.
kodai kanal liegt am berg, und in der stadt laeuft man entweder bergauf oder bergab, was ein wenig anstrengend ist. ich machte ein paar fotos, von kuehen unter der waescheleine etc.
ich holte in einem reisebuero meine zugtickets ab, die ich telefonisch bestellt hatte, ass bei "meiner" frau linsenpflanzerln und lief dann ein wenig herum, kaufte mir ein typisches tamil nadu-dhoti (huefttuch fuer maenner, sie sind hier blau-grau kariert), als ich das geschaeft verliess, sah ich aber gleich ein dutzend dhotis, die mir besser gefielen. sie waren aber um die hueften von maennern gewickelt.
kodai kanal ist auf den ersten blick keine besonders charmante stadt, aber, wenn man von den hauptgeschaeftsstrassen weggeht, gibt es viele schoene haeuser, mit verandas usw., und wunderschoenen gaerten, die wahrscheinlich aus der englischen zeit stammen, als kodai kanal eine hill station war. der stadt geht auch das typisch indische chaos ab. es gibt dort viele exil-tibeter, die sich ueberall in indien in den hoeheren regionen niederlassen, wo das klima angenehmer ist.
am busbahnhof fragte ich dann nach einem bus nach perumal malai. ich erntete das typische indische kopfschuetteln, das "ja" bedeutet und stieg ein. es ist komisch, wie schnell man sich an indien gewoehnt und sich gar nicht mehr gestresst fuehlt. von perumal malai ging ich dann durch die bananenplantagen den berg hoch, mandarinen schaelend und essen und kerne ausspuckend, und jetzt bin ich wieder hier, rechtzeitig zu kaffeepause und kuchen.
der englische journalist, mit dem ich taeglich den speisesaal saubermache (ich lass hier die namen weg), hat gesagt, dass das bodhi zendo so ist, wie er sich ein deutsches zentrum fuer gestalttherapie vorstellt. alles ist makellos sauber und gut organisiert, und hinter den tueren ueben sich die leute im urschrei.
mein leben hier ist, wie ihr seht, schon ziemlich alltaeglich, was sehr angenehm ist. aber ein teil meiner seele sehnt sich auch nach neuen abenteuern.
naechste woche ist im bodhi-zendo ein langes sesshin, d.h. schweigen von montag abend bis sonntag frueh und dazwischen der bereits berichtete tagesablauf.
vor ein paar tagen hatte jemand im bodhi zendo das geruecht verbreitet, dass am abend eine mondfinsternis zu sehen sei. nach einbruch der dunkelheit versammelten sich also alle schweigend auf der terrasse, die koepfe nach oben gereckt, einige hatten ihre kameras dabei (z.b. ich, sogar mein kleines stativ). aber eine mondfinsternis sahen wir nicht. es war aber trotzdem fuerchterlich schoen.
das schlimmste ist, dass man sich an die schoenheit gewoehnt.

Montag, 9. Februar 2009

mehr zum sesshin

das sesshin beginnt am morgen um 5:00 mit dem wecken. jemand geht mit einer grossen glocke durch den innenhof. es ist eigentlich gar nicht moeglich, nicht davon aufzuwachen. bucket shower, mit solargeheiztem wasser.
um 5:25 wird der grosse gong vor dem zendo geschlagen, und dann muss man sich unverzueglich an seinen platz begeben. der tag beginnt mit rezitationen und verneigungen, und dann wird bis um 7:00 gesessen (mit dokusan, d.h. dass man den lehrer zu einem kurzen gespraech, einer frage, einer "pruefung", aufsuchen kann). ein kinhin (meditatives gehen zwischen den sitzungen) war am morgen frei, man konnte das zendo verlassen und z.b. auf dem dach auf und ab gehen, zu der zeit, wo grade die voegel ihren gesangswettkampf veranstalten und die sonne hinter den bergen langsam hoch kommt.
um 7:00 ist fruehstueck, man geht in den speisesaal, der sich im erdgeschoss befindet. das essen ist indisch, am morgen gibt es aber zudem auch selbstgebackenes brot (es stehen zwei toaster bereit) und manchmal spiegeleier, man kann (selbstgemachte?) cornflakes essen, es gibt kaffee, tee, heisse milch, sogar selbstgemachte erdnussbutter und dieses unsaegliche rote suesse zeug, das sie in indien marmelade nennen.
danach ist samu, d.h. arbeitszeit. waehrend des sesshins war ich fuer den garten im innenhof zustaendig, unkraut jaeten, laub aufsammeln usw. diese woche bin ich zusammen mit einem journalisten aus england mit dem speisesaal dran, d.h. putzen, fuer abspuelwasser sorgen, neue blumen hinstellen, essen in die kueche bringen usw. um 9:55 wird wieder der gong zum sitzen geschlagen, und man sitzt zwei runden und versammelt sich um 11:00 in der sog. "meeting hall" zum teisho, die von pater ama samy gehalten werden.
die teishos waehrend des sesshins handelten am ersten tag von "shikantaza", einfach sitzen, und am zweiten tag von einem koan, d.h. einer fuer das zen typischen paradoxen frage oder situation, z.b. wie kannst du den gesang der voegel beenden? die teishos waren wirklich grossartig, voller waerme, belesenheit, humor, innerer freiheit, wirklich eine grosse freude zum zuhoeren...
anschliessend ist freies sitzen bis um 12:30, denn dann ist es zeit zum mittagessen. das essen schmeckt phantastisch hier, habe ich das schon geschrieben? es gibt meistens reis und verschiedene gemuese, einen grossen salat, yoghurt und hinterher bananen, die hier auf dem gelaende wachsen. jeder spuelt sein geschirr nach einem genau ausgekluegelten system selber ab, und bis um 15:00 ist pause. im gegensatz zu anderen sesshins, auf denen ich gewesen bin, wird hier vom lesen nicht abgeraten.
man kann also entweder schlafen, oder spazieren gehen oder sich mit einem buch in den garten zurueckziehen, wo es zwei pavillons gibt, einen japanischen steingarten, viele stuehle, steinbaenke etc. (aber auch etwas, das ich jetzt "grasfloehe" nenne, unsichtbare boese tierchen, die dich stechen/beissen, sobald du dich ins gruene begibst und deren stiche/bisse dich dann tagelang zum wahnsinn treiben).
von 15:00 bis 16:00 sitzen, dann kaffee- und teepause, oft mit selbstgebackenem kuchen oder frittierten teigbaellchen oder mit keksen, und von 17:30 bis 19:00 erneut sitzen, mit dokusan, rezitation, freiem kinhin.
ratet mal, was um 19:00 dran ist? stimmt: abendessen. auch das indisch, mit brot und einer sosse, banane usw.
und von 8:00 bis 8:45 war dann noch mal eine runde sitzen, rezitation und tagesabschluss mit gong und klangholz, verneigungen.
ende.
wie gesagt, das war der tagesablauf eines sesshins hier.
an "normalen" tagen wie heute wird insgesamt nur dreieinhalb stunden gesessen mit moeglichkeit zu dokusan am morgen, es gibt lange schweigezeiten, z.b. von 17:30 bis 7:10 und auch von 10:30 bis 12:30. das zendo ist immer geoeffnet und natuerlich kann man sitzen, wann man will.
zum japanischen garten noch was lustiges. der steingarten wird ja jeden tag von zwei leuten "gekaemmt" und gesaeubert. er ist ein ausdruck fuer die ruhe und klarheit und leere des geistes. der steingarten wird nicht betreten, sondern nur ehrfuerchtig angeschaut.
gestern frueh waehrend des freien kinhins fiel mein blick vom dach hinunter in den garten und da sah ich, dass zwei hunde sich in der mitte dieses steingartens ganz ohne jede hemmungen kleine gruben zurechtgeschaufelt hatten, in denen sie lagen und nun mit aufgestellten ohren zu diesen komischen gestalten hochblickten, die auf dem dach des hauses herumwandelten.
ich habe inzwischen vom schneider in perumal malai meine neue hose abgeholt. erst fand ich, dass er das modell "kartoffelsack" etwas zu sehr betont hat, aber dann habe ich die hose gleich gewaschen und inzwischen finde ich sie ganz gut. ich liess auch eine hose von ihm ausbessern, bei der die naht gerissen war und von einer bluse die aermel kuerzer machen. ingesamt bezahlte ich 150 rupies, das sind ungefaehr 2,50 Euro.
ich schaute ihm fasziniert beim naehen zu und dachte: da machen wir da oben auf dem berg mit viel getue ein sesshin, und eigentlich koennte dieser schneider uns beibringen, was achtsamkeit ist.
das reicht fuer heute. bis bald. freue mich ueber kommentare.

Sonntag, 8. Februar 2009

das paradies ist ueberall und nirgendwo

liebe freunde. das erste sesshin liegt jetzt hinter mir. es war ein minisesshin genauer gesagt, nur zwei ganze tage. aber trotzdem enthielt es alles, was zu einem sesshin gehoert. die muedigkeit, die schmerzen, die entschlossenheit, die schoenheit, die klarheit, die unklarheit, den ehrgeiz, die hingabe...
ich habe jetzt leider nicht viel zeit, weil der internet-raum gleich geschlossen wird. verspreche aber, morgen mehr zu schreiben.
inzwischen war ich auch in kodai kanal (eine wanderung durch den bergwald, kombiniert mit einer busfahrt), habe dort home made chocolate gekauft und die frau aufgesucht, bei der pia und ich bei unserem letzten indienbesuch vor zwei jahren immer gefruehstueckt haben. sie hatte einen kleinen karren am strassenrand und verkaufte tee, kaffee, bread omelette und so kleine frittierte linsenpflanzerln.
erst dachte ich, die frau ist nicht mehr da, weil der platz leer war.
dann sah ich, dass sie ein paar meter weiter eine richtige blechbude hatte. schoen, sie hatte sich also "verbessert", wie meine mutter sagen wuerde. ich ass gleich fleissig, weil ich hunger hatte, trank guten masalatee und schenkte ihr ein bild, das ich vor zwei jahren von ihr gemacht hatte.
sie wusste genau, dass ich damals im hotel yagappa um die ecke gewohnt hatte.
wir machten neue bilder, zur zufriedenheit von allen. die inder lieben es, sich fotografieren zu lassen, jedenfalls, wenn sie keine muslime sind, und stellen sich gern und manchmal zu schnell in pose.
jetzt kommt die junge indische frau, die fuer den internetraum zustaendig ist und die einen sehr suessen kleinen sohn hat und bedeutet mir, dass es zeit ist zu gehen. \ bis morgen

Mittwoch, 4. Februar 2009

Where do you come from and where do you go to after death?

jetzt bin ich schon seit drei tagen hier. der ort ist einfach atemberaubend.
das bodhi zendo liegt auf dem gipfel eines bergs inmitten einer bergigen landschaft (fuer die, die eine indienkarte vor sich haben: palani hills).
ich habe mich inzwischen mit dem luxus versoehnt, kann ihn sogar geniessen. mein einzelzimmer, das eigene bad, heisses solargeheiztes wasser (das ich allerdings mit dem eimer holen muss), europaeische toiletten, leckeres essen, gabel und messer, alles sauber, frisch gestrichen, poliert, bis ins letzte detail durchdacht.
der ausblick vom zendo ist unbeschreiblich schoen, vor allem in der morgendaemmerung und kurz vor sonnenuntergang.
es gibt einen steingarten im innenhof und dann noch einen japanischen garten und einen gemuesegarten, aus dem das gemuese fuer unser essen kommt. es gibt sogar salat hier zum essen! geschmueckt mit gelben und orangen blumen.
ich bin fuers gemueseschneiden eingeteilt. das ist eine schoene arbeit, bei der sich miteinander unterhaelt und im gespraech ueber zwiebeln und auberginen ziemlich viel spass hat. neben mir schnippelten in den letzten tagen u.a. ein musiker aus quebec und eine junge frau aus london, die in jaipur (rajasthan) arbeitet, eine frau aus muenchen, eine aus belgien... zwischendurch kommt die indische koechin und begutachtet die schnippelarbeit und gibt dann ein zustimmendes oder ablehnendes grunzen von sich (oder irgendetwas dazwischen).
noch haben wir unglaublich viel freizeit. es gibt eine sehr gut ausgestattete bibliothek. allein dort koennte man monate verbringen. ich habe mir ein buch von jack kornfield: "after the ecstasy, the laundry" ausgeliehen.
vor der abendsitzung sitze ich ich oft auf der dachterrasse, lese oder schreibe, mit einem blick in die phantastische berglandschaft.
mein erster schock (so viele deutsche!) hat sich wieder gelegt. am ersten abend sass eine frau beim essen neben mir, die aus regensburg kommt, und jemand sagte, dass ueberhaupt viele leute aus regensburg dorthin kommen.
der unterschied zwischen dem komfort im zendo und den haeusern in der naehe ist allerdings wirklich enorm. ich finde es ein wenig beschaemend, dass mir ein solcher ort zur verfuegung gestellt wird und das zum taeglichen preis von ungefaehr zwei tassen kaffee in europa.
als ich am ersten tag ins dorf ging, um in einer zusammengehaemmerten verkaufsbude von einem freundlichen jungen inder meine telefonkarte aufladen zu lassen und mir einen schal zu kaufen (am abend und am morgen ist es hier naemlich ziemlich kuehl), dachte ich nach ein paar schritten: aber ich bin ja in indien! die einfachen haeuser. decken sind zum trocknen auf den daechern ausgelegt. ein paar jungs wollten mir die hand schuetteln und mir bonbons schenken (das erste mal in indien, dass mir jemand was schenken wollte!). andere winkten mir zu. ein hund fletschte seine zaehne und knurrte.
es war, als wuerde ich da, ausserhalb des zendos, der stille begegnen. die anmut der inder, ihre schoenheit.
es wurde mir ploetzlich so deutlich, in wie viele schichten und persoenlichkeitspanzer wir "modernen" menschen eingeschlossen sind. panzer, die wir zu unserer vermeintlichen sicherheit brauchen.
die inder haben sich noch eine natuerliche offenheit erhalten. das sind natuerlich oberflaechliche betrachtungen, ich weiss, dass es viel komplexere dinge ueber indien zu sagen gibt. aber mir geht hier einfach das herz auf.
leute, die man nicht kennt und die man nur einmal im voruebergehen sieht, schenken einem dieses wunderbare, strahlende laecheln.
ich moechte hier im schutz dieses ortes ganz einfach offen und verletzlich werden. nichts wird hier von mir gefordert als die einhaltung der zeiten und der (einfachen) regeln. ich muss nichts organisieren und nichts planen.
heute nacht hatte ich einen traum: ich war in einem wald unterwegs. zuerst war pia bei mir gewesen, aber sie war jetzt abgereist. ich ging bergab und kam immer tiefer in den wald und in die dunkelheit hinein. ploetzlich stellte ich fest, dass ich nichts mehr sehen konnte. die dunkelheit war so dicht und kompakt, als waere ich blind geworden. ich wusste ueberhaupt nicht, wie ich von hier wieder rausfinden sollte.
is this how your life feels?
not at the moment.
good. don't pay too much attention. don't analyze too much.
ich wachte mit dem gefuehl auf, dass das ein guter traum gewesen war.

Sonntag, 1. Februar 2009

kakerlaken by night und indische busschaffner

so jetz gehts hier ganz schnell und fix weiter.
erstmal muss ich den schock verdauen, dass ich jetzt im bodhizendo angekommen bin. sitze im internet-room. hier ist auf den ersten blick alles irgendwie ein bissi ganz furchtbar viel deutsch, und das ist ein schock nach so viel indien!!!
jedenfalls ist das mein erster eindruck, wenn ich auch beim mittagessen mich mit einer ganz netten frau aus israel unterhalten habe, die nach dem essen sogar ihr kostbares stueck handmade chocolate aus kodaikanal mit mir geteilt hat.
aber ich will nicht voreilig sein. es gibt bestimmt noch viel ueber diesen ort hier zu erzaehlen. ich will ja drei wochen hierbleiben (erstmal vorsichtshalber nicht vier wochen, wie ich gestern noch geschrieben habe).
ich gehe also zurueck zu gestern nacht:
pia und ich waren beide etwas aufgeregt wegen dem heutigen tag. sie musste um zehn nach fuenf einen zug erwischen und ich um fuenf einen bus.
wir bestellten eine rikscha fuer halbfuenf vors hotel, trauten aber der sache nicht so hundertprozentig.
als wir uns endlich schlafen legen wollten, entdeckten wir diese zwei kakerlaken im badezimmer. und der gecko an der wand machte einfach keine anstalten, die biester aufzufressen. selbst waren wir zu moerderischen aktionen zu feige.
das ende vom lied war, dass wir bei licht schliefen. weil kakerlaken ja schliesslich das dunkel lieben und sich bei licht in die hintersten loecher verkriechen. so schliefen wir eigentlich recht gut, so zwischen halbelf und drei. dann weckte uns das reisefieber.
weshalb meine augen grade die groesse von suppentellern haben. aber ich will ja hier noch was verfertigen, bevor der newcomer-empfang ist.
um viertel nach vier stamperten wir den rezeptionisten aus dem schlaf, der sich hinter der theke auf einer matratze hingelegt hatte und seine brille nicht finden konnte.
dann bekamen wir statt einer rikscha sogar zwei, aber nicht die, die wir bestellt hatten. wir verabschiedeten uns also rasch und fuhren in zwei verschiedene richtungen fort.
um halbfuenf schon war ich bei meinem bus. der schreck war gross, als ich erkannte, dass es keinen sitzplatz mehr gab. richtete mich aber auf drei stunden stehen ein. aber ein netter mann bot mir nach einer weile seinen platz an. der engel des tages! ueberhaupt waren alle sehr nett.
zwischendurch konnte ich mal aussteigen und einen tee trinken, und alle halfen bei der aktion.
das habe ich in indien oft erlebt. wenn man in irgendeiner schwierigen situation ist, dann gibt es schnell mindestens einen helfer oder beschuetzer, der einem beisteht.
ein mann mit einer hasenscharte schlief an meinen rucksack gelehnt.
vor mir sass eine junge mutter mit ihrem kleinen kind. in kerala haben die kinder unglaublich grosse und schoene dunkle augen mit langen glaenzenden wimpern. diese augen werden (ich glaube sogar, bei beiden geschlechtern) durch reichlichen gebrauch von kajalstift noch verstaerkt.
ich weiss ausserdem nicht, in welchem anderen land der welt die maenner einen wuerdigen eindruck machen wuerden, wenn sie sich ein handtuch um den kopf wickeln oder als schal um den hals legen wuerden, wie die suedindischen maenner es gerne machen.
ich bin also zurueck in tamil nadu!
stieg in palani um, einer tempel- und pilgerstadt, in der ich mit pia letztes mal eine nacht verbracht habe, und die uns in frenetischer erinnerung geblieben ist. auch heute morgen um acht am busbahnhof war palani sich selber treu:
zahllose pilger (vor allem junger maenner) mit geschorenem und dann mit einem gelben pulver eingeriebenem kopf, ein chipsverkauefer, der mir erst hilfsbereit den bussteig zeigte und dann alle flueche der welt ueber mir ausschuettete, weil ich ihm keine chips abkaufte. (und das lag nur daran, weil ich kein kleingeld mehr hatte, sonst haette ich ihm sogar was gegeben.)
ich versuchte ausserdem, meine indische telefonkarte zu laden... versuche nie, in palani deine telefonkarte zu laden. du gehst fort und zweifelst an allem.
aber ich moechte ja eigentlich ein loblied auf die indischen busschaffner singen:
das ist ein hochleistungsjob, bei dem die auswahlkriterien mindestens so streng sein muessen wie fuer die leibgarde der englischen koenigin.
sie haben immer genau alles im blick. sie treiben die leute beim einsteigen und beim aussteigen mit ihren monotonen rufen an, sie draengen sich mit ihren kleinen fitzelfahrscheinen und mit zwischen die finger geklemmten geldscheinen durch den bus, ohne jemals die geduld zu verlieren, und das unermuedlich, auf stundenlangen reisen ueber strassen mit extremen fahreigenschaften, in bussen, deren getriebe klingt, als waere es kurz vor der explosion. wenn sie zwischendurch mal eine ruhige minute haben, dann zaehlen sie ihr geld und schreiben kleine ziffern auf ein blatt papier, im stehen an einen sitz gelehnt (hat schon mal jemand versucht, in einem indischen bus was zu schreiben?). ich habe nie die befuerchtung, dass ich aus einem bus nicht rauskomme, bloss weil die leute so dicht gedraengt stehen, dass man nicht einmal ahnt, dass der bus eine tuer hat. der indische busschaffner wirds schon regeln. er ruft und klopft, er sagt mit ruhiger stimme zu einem, wait, wait, und wie durch zauber gibt es ploetzlich einen lichten gang, durch den man hinaus spaziert, und auch das gepaeck ist wunderbarerweise mit dabei, und da steht man dann wieder und blinzelt in die sonne und fragt sich: und wo bin ich jetzt wieder gelandet?
(keine angst, der naechste helfer ist schon um die ecke...)