Montag, 6. April 2009

mail aus indien - nachtrag

heute bekam ich eine mail aus indien.
sie hatte den betreff "gratitude".
sie lautete so:

"hi this is arif.
thankyou so so and so much.
so nice of you i will be so thankfull to you.
best wishes for you and your family/
thanks again for the favour.
take care.
ARIF"

arif arbeitet in einem thangka-laden in mcleodganji.
ich habe bei ihm einige thangkas gekauft.
als ich ihm ein paar tage später auf der straße begegnete, sagte er, er hätte vergessen, die nummern abzuschreiben, die auf den thangkas hinten drauf stehen und er bräuchte sie, vor allem sein chef.
ich versprach ihm, die nummern zu schicken, wenn ich nach hause gekommen wäre. und das habe ich heute getan.
und dann bekam ich diese mail...

Freitag, 3. April 2009

das unbegreifliche

man kann es einfach nicht begreifen.

heute früh war ich in delhi. und jetzt bin ich hier.

und der computer hat wieder umlaute, und die buchstaben sind auf dem richtigen platz.
gestern, auf meinem weg von sarojini nagar, einer art modellwohnviertel mit funktionalistischen mehrfamilienhäusern, zurück richtung jugendherberge ging ich unter einer unterführung durch, die wie so üblich, zum pissoir geworden ist.
ich traf auf drei männer, die etwas in einem baum pflückten und in den mund steckten. ich dachte zunächst, sie würden die blätter essen, aber es waren kleine beeren.
"oh, maulbeeren", sagte ich auf deutsch (war mir aber nicht sicher).
sie nickten und deuteten eifrig, ich solle auch welche pflücken. aber ich griff nach einer grünen beere.
nein, nein, bedeuteten sie und zogen zweige von weiter oben herab. sie pflückten eine beere nach der anderen und reichten sie mir, und ich steckte sie in den mund. sie waren weiß und hatten einen süßen geschmack, den ich bisher noch nicht kannte.
ich ließ mich von einem rikschafahrer auflesen, der versprach, mich für 20 rupies zur jugendherberge zu bringen. aber es ließ natürlich, als ich in der rikscha saß, nicht auf sich warten, dass er sagte, er kenne ein gutes shopping center (die rikschafahrer bekommen eine provision, wenn sie touristen dorthin bringen).
ich sagte müde, nein, nur zur jugendherberge.
er ließ aber nicht locker. er würde mich gratis fahren. es sei nicht weit von hier. ich bräuchte nichts zu kaufen, nur zu schauen.
nein.
schließlich kamen wir zur jugendherberge. ich sagte zu ihm, er bräuchte mich nicht vor die tür bringen, sonst müsste er nämlich eine lange schleife fahren. er hielt an, ich gab ihm das geld.
er sagte, "you have a good mind" und streckte mir die hand hin.
ich sagte, "thank you" und ergriff seine hand, um sie zu schütteln.
(er sagte, aber er könne nicht verstehen, dass ich nicht shoppen gehen wollte...)
ich genoss die jugendherberge, die abwesenheit von kälte, eine funktionierende dusche, saubere bettwäsche.
sogar das kalte wasser war in delhi warm.
als ich in der früh die jugendherberge verließ, noch im morgengrauen, um auf mein taxi zu warten, gesellten sich die beiden security guards der jugendherberge zu mir, ich glaube, um mich zu beschützen. sie standen in meiner nähe, bis das schwarzgelbe taxi kam.
kaum hatte ich das flughafengebäude des flughafens indira gandhi betreten, hatte ich indien verlassen. ich kaufte mir einen tee mit meinem letzten geld.
ich kaufte (mit der visa-karte) mir das buch "delhi - adventures in a megacity" von sam miller und stellte, noch bevor ich das buch aufschlug, zu meinem erstaunen fest, dass ich mich in delhi verliebt habe.
gestern lief ich durch den nehru park, eine seltsame, zwischen großen straßen eingeklemmte, kleine oase, die wie ich unter der hitze zu leiden schien und offensichtlich vor allem liebespaare anzog, die man sonst in indien nie sieht, wo die einzig zugelassene äußerung von zuneigung das händchenhalten junger männer ist, die sogar eng umschlungen durch die straßen laufen können, ohne dass jemand darauf reagiert.

als ich im flugzeug saß, waren die indischen busfahrten nur eine vage erinnerung. auf dem bildschirm vor meiner nase hatte ich die wahl zwischen über zehn spielfilmen, einer ähnlichen anzahl von fernsehprogrammen und einer noch größeren zahl von musikprogrammen. die kopfhörer dazu werden in plastik verpackt ausgeteilt. die schaumstoffkappen für die hörmuscheln sind separat in plastik eingeschweißt und werden wahrscheinlich nach dem flug entsorgt. auch die decke ist in plastik eingeschweißt, und das kleine kopfkissen, das für die meisten passagiere eher ein problem als eine bequemlichkeit darzustellen scheint, hat einen makellosen weißen bezug.
jede halbe stunde ging ein steward oder eine stewardess durch die gänge, um mir wasser, orangensaft oder cola in plastikbechern anzubieten.
vor den mahlzeiten wurden dampfend heiße feuchte tücher verteilt, mit denen man sich hände und gesicht reinigen konnte.
mit meinem sitznachbarn wechselte ich kein wort. wir waren beide zu sehr mit unserem monitor beschäftigt. ich schaute mir einen spielfilm (novemberkind) und zwei tierprogramme von discovery channel an.
ich las in meinem delhi-buch und dachte: ich muss bald wieder nach indien...

Donnerstag, 2. April 2009

eine naechtliche busfahrt

dies ist wahrscheinlich mein letzter blogeintrag aus indien.
ich sitze in einem sehr billigen internetcafe, das ich zufaellig gefunden habe, und werde jetzt noch die eindruecke meiner naechtlichen busfahrt von dharamsala nach delhi beschreiben, bevor ich mich wieder auf den weg zur jugendherberge mache, um zu packen, vielleicht nochmal zu duschen (zweimal am tag heiss duschen: der himmel!) und dann nichts mehr zu tun ausser vielleicht lesen.
das abendessen habe ich schon bestellt und bezahlt.
ich habe auch das taxi schon bestellt (aber das habe ich vielleicht schon geschrieben).
ich habe gerade noch so viel geld, dass es fuer das taxi und vielleicht einen tee am flughafen reicht.
aber jetzt zu meiner fahrt im "deluxe"-bus von mcleodganj nach delhi.
was man in indien "deluxe"-bus nennt, ist natuerlich nicht gerade das, was man sich in deutschland unter "deluxe"-bus vorstellt. aber es ist immerhin ein bus, der kopfstuetzen hat und bei dem man die rueckenlehne verstellen kann. ausserdem hat man ziemlich viel beinfreiheit. und es gibt ein ac-system. die fahrerkabine ist vom passagierraum durch eine tuer abgetrennt, wodurch man auch vor den verkehrsgeraeuschen ziemlich geschuetzt ist.
alles in allem war der bus nach indischer art ein wenig heruntergekommen und versifft, doch bequem, und vor allem hatte man viel platz, da nur eine handvoll passagiere mitfuhren.
diese handvoll passagiere waren: meine wenigkeit, ein paar schlecht gelaunte (!) tibeterinnen (die sich in den hinteren teil des busses verzogen), ein doktorand aus delhi, mit dem ich vor der abfahrt ein paar worte gewechselt hatte (er doktorierte ueber die faltung von proteinen) und der wie ein schuetzender engel hinter mir sass.
und dann die maenner.
ich mag maenner. ich liebe maenner. ich bin gern in der gesellschaft von maennern.
aber es gibt maenner, die einen wirklich darueber nachgruebeln lassen, wie jemals das geruecht aufkommen konnte, dass das maennliche geschlecht das ueberlegene ist.
es waren solche maenner.
maenner mittleren alters, mit gewoelbten baeuchen und von selbstbezogenheit getruebten augen, die voellig jede sensibilitaet fuer ihre umgebung vermissen lassen.
sie schreien ungeruehrt in ihr handy, obwohl es im bus schon dunkel ist und die anderen fahrgaeste offensichtlich schon schlafen. (ueberhaupt das handy, dieser mutterbrustersatz!)
sie breiten sich aus und lehnen sich zurueck, und wenn die ruecklehne dann nicht weiter zu faellen geht, dann versuchen sie es mit gewalt noch einmal, und noch einmal, und noch einmal.
wenn der bus in einer kleinen ortschaft anhaelt, dann steigen sie aus und pissen an den strassenrand.
und dann steigen sie ein, eine tuete aus zeitungspapier mit frittiertem kleinzeug in der hand, das sie schmatzend verzehren, wobei sie genuesslich ihre an die wand gestemmten nackten fuesse betrachten, und wenn sie mit dem essen fertig sind, dann wischen sie ihre fettigen finger an der gardine des busses ab.
(ein entruesteter ausruf kam von meinem sitz)
ich verallgemeinere. der doktorand hatte sich auf seiner sitzbank in der "sleeping child position" zusammengerollt und war meine moralische rettung in dieser nacht.
einem der maenner (er war ganz in weiss gekleidet) wurde schlecht.
er taumelte nach vorn in die fahrerkabine und schien aus dem fahrenden bus springen zu wollen. der bussschaffner schrie ihn mit seiner quaekenden stimme an.
dann bremste der busfahrer, und der mann taumelte hinaus in die nacht, versuchte, sich zu erbrechen, wusch sich dann das gesicht an einem wasserhahn.
er bekam eine aus zeitungspapier gefertigte kotztuete vom schaffner.
mir ging auf, dass die inder das stossdaempfersystem eines "deluxe"-busses natuerlich nicht gewohnt sind. und bei der rasenden, staendig von abrupten bremsungen unterbrochenen, bergabfahrt ueber die serpentinen des himalaya hinab in das nordindische flachland schaukelte der bus ganz ordentlich.
dem weissen mann wurde es natuerlich gleich wieder schlecht, und er erbrach sich in die tuete aus zeitungspapier. ich sass stocksteif in meinem sitz und stellte mir vor, wie die tuete durchweichte. wie der mann sich nicht darum scherte und sie auf den boden stellte. wie das erbrochene sich in meine richtung ausbreitete...
aber seltsamerweise roch es nicht einmal, und beim naechsten halt trug der mann sein tuetchen hinaus und entsorgte es ordentlich (liess es auf den boden fallen), wofuer ich ihm sehr dankbar war.
nunja, ich schlief, so gut man in einem bus schlafen kann, und als ich aufwachte, lag vor dem fenster schon die morgendaemmerung ueber den vororten von delhi, und wir waren fast da.
als der bus anhielt, erspaehte mich ein rikschafahrer sofort durch die getoente fensterscheibe und machte mich als das beste opfer dieses noch fruehen morgens aus.
ich liess ihm seine freude, und er brachte mich zur jugendherberge, allerdings nicht zu dem von ihm selbst vorgeschlagenen idiotenpreis, was wiederum der triumph meines tages war (und wofuer ich dem doktoranden dankbar sein musste, der mir gesagt hatte, was die fahrt ungefaehr kosten solle).
ich werde in den naechsten tagen den blog ein wenig ergaenzen und ueberarbeiten und wahrscheinlich auch bilder und kleine filme einfuegen.
meine reise hoert hier nicht auf.
sie geht nur anders weiter.
in tushita habe ich gelernt, die positive energie jeder meditationssitzung sich ueber das ganze universum ausbreiten zu lassen.
moegen alle lebewesen gluecklich sein!

feuerpuja und wie ein lama redet

am letzten abend vor meiner abreise fand eine feuerzeremonie in tushita statt.
die kleine plappernde amerikanerin posaunte es raus, als ich schon im bett lag (hiermit sei ihr von herzen fuer ihre schwatzhaftigkeit gedankt!) und die sechs decken ueber mich gebreitet hatte.
(habe ich schon was ueber die haerte der matratzen geschrieben?)
ich also nach kurzem zoegern wieder raus, warme kleider an, hin zu dem moenchsgeraune, glockengelaeute und gescheppere und getrommele, das zuerst schwer zu lokalisieren war.
es kam von einem kleinen steinhaus, in dessen mitte man ein viereckiges feuer aufgebaut hatte.
an den waenden entlang sassen moenche, die sutren rezitierten und dazu ihre perkussionsgeraete schwangen. die beiden hoechsten moenche hatten auch kleine "schaedeltrommeln" (im national museum in delhi hatte ich gelernt, dass sie urspruenglich aus menschlichen schaedelknochen hergestellt wurden).
da die tibeter die buchbindekunst lange nicht kannten, werden die sutren immer noch auf losen blaettern aufbewahrt, die man in gelbe tuecher einschlaegt.
vor dem feuer sass auf einem improvisierten "thron" eine junge frau, in die farben der moenche und nonnen gekleidet, doch mit langem, zu einem pferdeschwanz zusammengefassten haar.
am naechsten tag erfuhr ich, dass sie ein hoch entwickelter yogi ist (die yogis sind elitemeditierer und scheren sich das haar nicht, sondern weben es nach der tradition zu einer dichten matte) und ausserdem ein medium.
ihr kam die zentrale rolle dieser feuerzeremonie zu.
zwei zeremonienmeister (ebenfalls in die traditionelle dunkelrote farbe gekleidete moenche, sie hatten sich weisse seidenschal vor mund und nase gelegt) reichten ihr auf tellern verschiedene dinge, die sie dann dem feuer "opferte", schwarzen sesam, reis (?), getrocknetes und auf eine besondere weise gewickeltes gras, eine besondere holzart, eine art fruchtsalat usw.
(am naechsten tag wurden reste der feuerpuja zum verzehr verteilt. es war eine art fettiges und ranziges brot, das nach irgendwas scheusslichem schmeckte, vielleicht nach yakbutter und das wir nur mit muehe, von lachkraempfen begleitet, kauen und hinunter schlucken konnten.)
ein anderer moench reichte ihr ein gestaenge mit kleinen schoepfloeffeln am ende, mit denen sie butter ins feuer giessen konnte, worauf dieses wieder so richtig aufflammte.
immer wieder wurde holz nachgeschichtet.
ueber der feuerstelle war ein viereckiges loch im dach, durch die hitze und rauch abziehen konnten. das haus war also wahrscheinlich besonders fuer diese art von zeremonie gedacht.
ich stand an der tuer, aber ich sah es an den gesichtern der studenten, die im raum sassen, dass es dort ganz schoen heiss wurde.
dieses monotone opfern und singen und laeuten und raunen ging also so vor sich hin, ohne jeglichen hoehepunkt, so dass man beinahe in einen zustand der trance geriet. das medium schaute jedenfalls schon ziemlich entrueckt aus. ich sah mir das ganze etwa eine stunde an, und als sich alles dann ungefaehr zum dritten oder vierten mal wiederholt hatte, dachte ich, jetzt kommt nichts neues mehr, und ging ins bett.
eines habe ich waehrend dieser zehn tage begriffen: ich war in meinem frueheren leben hoechstwahrscheinlich keine tibetische nonne, weil die langgezogenen rituale eine echte pruefung fuer meine geduld darstellen, so faszinierend sie auch sind.
die australische nonne erklaerte uns am naechsten tag, dass die feuerpuja eine reinigungszeremonie ist, die oft nach retreats angewendet wird, um zum beispiel nachtraeglich gutzumachen, wenn man irgendwelche mantras nachlaessig rezitiert hat.
eine interessante idee.
ich muss noch etwas ueber die rede von lama zopa schreiben, die er am naechsten tag in der grossen "gompa" (meditationshalle) vor einer riesigen buddhastatue mit gelbem lamahut hielt.
er hatte den seltsamsten vortragsstil, der mir jemals untergeokmmen ist. er wiegte den oberkoerper vor und zurueck, raeusperte sich, hustete, raeusperte sich wieder, sagte etwas unartikuliertes oder schwer verstaendliches, schwieg dann lange und starrte vor sich hin. dann wieder begann er scheinbar unmotiviert zu lachen, ein hohes, gluckerndes lachen, von dem er dann wieder unmittelbar in ernst verfiel, den oberkoerper hin und her schaukele, sich raeusperte, sich wieder raeusperte, hustete usw., drei stunden lang. zwischen diesen "unterbrechungen" entfaltete er seine rede ueber den ursprung der wirklichkeit in unserem geist, zitierte die rolling stones, brachte als beispiel fuer kurzfristige gluecksempfindungen lsd und das sog. "buddha grass", aeusserte aufrichtiges erstaunen darueber, dass manche menschen lust empfinden, wenn man sie peitscht und bewegte sich so vorwaerts, scheinbar unsystematisch und ohne plan, aber immer ganz frisch und als wuerde er selbst seine gedanken zum ersten mal sehen.
die devotion, die die anhaenger fuer ihren guru zeigen, war fuer mich ein wenig schwer zu ertragen. man darf in der gegenwart des gurus offensichtlich nicht aufgerichtet gehen und muss andauernd gebueckt hin und her laufen. wenn er einen weg entlang geht, dann wird der weg mit dem rauch eines raeucherstaebchens gereinigt.
waehrend der rede wurde tee ausgeschenkt, aber man darf ihn nicht trinken, bevor der guru nicht trinkt (was ich nicht wusste, deshalb habe ich meinen tee gleich ganz ausgetrunken), und wenn er ihn dann zu trinken beliebt, dann ist er schon ganz kalt.
aber ungeachtet dessen war lama zopa wirklich eine sehr beeindruckende erscheinung. ich glaube, ich habe noch nie jemanden erlebt, der so wenig versucht hat, jemand zu sein.

rueckblick auf die klosterzeit

die klostertage sind vorbei. genau genommen ist tushita kein kloster, wenn auch moenche und nonnen dort leben. es nennt sich "meditationszentrum". soviel zur begrifflichkeit.
ich bin jetzt wieder in delhi, sitze bei "meinem" internetmann und fuehle mich beinahe zu hause.
was ich in den letzten zehn tagen gemacht habe: ich habe mir jeden tag dreieinhalb stunden ausgezeichneten vortrag ueber buddhismus angehoert (mit der moeglichkeit, fragen zu stellen).
der lehrer war australier, hatte aber einen schwedischen nachnamen.
in diskussionsgruppen habe ich mit fuenf anderen ueber fragen diskutiert wie:
Is there anything in our life that can give us lasting happiness?
Does the concept of karma seem plausible?
How would we best prepare for death?
Discuss the six perfections.
How would the understanding of emptiness affect our experience of meeting an irritating person?
Is it bad to want ourselves happy?
usw.
die fuenf anderen personen meiner diskussionsgruppe sind mir im lauf der tage ziemlich ans herz gewachsen (ein ire, ein inder, eine amerikanerin, eine argentinierin, ein deutscher und ich).
ich habe in angeleiteten meditationen meditiert ueber:
anger
death
attachment
loving kindness
impermanence
human perfection
usw.
die meditationen wurden von einer nonne geleitet, die auch aus australien kam.
ich teilte das zimmer mit einer hollaenderin und einer 19-jaehrigen highschool-absolventin aus amerika, die mit einer gruppe hier war, die alle ungefaehr das gleiche alter hatten und von der kraft der stille noch nicht viel begriffen hatten, da sie in allen pausen sofort anfingen, zu wispern, zu kichern, sich in zeichensprache zu unterhalten usw.
ausserdem habe ich einen einblick in die sucht der amerikanischen jugendlichen erhalten, ueberall "like" einzufuegen, auch wenn es sich um tatsachen handelt, also z.b.:
he was, like, there.
it, like, rained.
apropos regen. die ersten tage waren von unaufhoerlichen regenguessen gepraegt. die temperatur sank ziemlich tief nach unten, und in den naechten schlief ich unter sechs decken.
trotz dauerregen und richtigen wolkenbruechen herrschte in tushita wassermangel.
aus manchen wasserhaehnen kam gar kein wasser.
wenn man auf dem klo war, sollte man nur nachspuelen, wenn man sein "grosses geschaeft" erledigt hatte, und auch dann mit regenwasser, das in grossen tonnen bereitstand.
jeder kursteilnehmer musste sich in eine duschliste eintragen. jeden dritten tag stand einem eine dusche zu.
in der restlichen zeit konnte man sich nicht einmal waschen.
und so sahen die drei duschen aus, die ich in tushita nehmen durfte:
dusche 1: abends um 20:30 in bibbernder kaelte.
eine dusche ist natuerlich kein geschlossener raum, wo aus einem duschkopf heisses wasser rauskommt, sondern ein luftiger verschlag, und das wasser mischt man in einem eimer und kippt es sich dann ueber den kopf.
dusche 2: mittags um 12:30, was ich genial fand, zumal es an dem tag nicht regnete, sondern sogar die sonne schien und angenehme temperaturen herrschten.
leider duschte vor mir eine frau voellig ausser der reihe, und nicht nur das, sondern sie duschte richtig lang (in meine zeit hinein) und verbrauchte fast alles heisse wasser, so dass fuer mich nur noch wenig uebrig blieb.
dusche 3: morgens um 6:00, was ich auch genial fand, weil ich dachte, dann hat niemand die moeglichkeit, vor mir das ganze heisse wasser zu verbrauchen. um 5:00 lag ich schon wach im bett und bereitete mich auf den grossen augenblick vor.
als ich dann in der dusche war, kam aus dem heisswasserhahn ueberhaupt kein wasser. also wurde es eine kalte dusche. die haare wusch ich mir spaeter am tag mit wasser aus der regentonne, das so kalt war, dass ich zwischendurch immer wieder kurz pause machen musste.
meine arbeitsaufgabe war:
klo putzen.
was an sich nicht so schlimm war, da wir zu dritt drei toiletten teilten und die arbeit in einer viertelstunde erledigt ist.
bloss, wenn man mit anderen eine solche arbeit teilt (und nicht redet), dann ist das immer eine ziemlich interessante sache.
die eine frau fand nach ein paar tagen, dass es ihre aufgabe war, das regenwasser nachzufuellen, das waschbecken (mit dem wischlappen) auszuwischen und das klopapier aus den abfalleimern in die muelltonne zu kippen, waehrend das putzen der drei toiletten und das wischen des bodens uns beiden anderen zufiel.
mit anderen worten, ich bekam also ziemlich viel gelegenheit, mit meiner wut und irritation zu arbeiten.
jetzt hat der internetmann irgendeine fuerchterliche musik aufgedreht, und ich kann mich nicht mehr so gut konzentrieren und werde gleich schluss machen.
aber eine sache noch: gestern kam der spirituelle leiter des meditationszentrums, Lama Zopa, zu einem besuch und hielt einen dreistuendigen vortrag.
als ich am nachmittag auscheckte (frueher als die anderen, weil ich ja wegen meines flugs zurueck nach delhi musste), sagte die managerin des meditationszentrums zu mir:
what an end for your journey.
ich: was?
sie sagte: was fuer ein ende fuer deine reise. dass du am letzten tag noch den lama erlebst. du musst irgendwas richtig gemacht haben.
das war natuerlich im karma-zusammenhang gedacht.
als alle leute aufgereiht dastanden, viele anhaenger des tibetischen buddhismus mit weissen seidenschals in den haenden (sie waren extra herbeigeeilt, um den lama zu sehen), sagte der mann neben mir: willst du auch einen schal? ich habe noch einen.
er gab mir also einen weissen seidenschal, den er aus seinem rucksack kramte.
wie die anderen hielt ich den schal hoch, als der lama vorueberging.
jetzt habe ich einen gesegneten weissen schal in meinem gepaeck.
das ist wirklich ein schoener abschluss meiner reise.
ich habe aber noch viel zu erzaehlen. ich werde also heute noch einmal ein internetcafe aufsuchen. bis dann.

Sonntag, 22. März 2009

bergneurosen

jetzt glauben sicher meine leser, dass mit den bergneurosen ich gemeint bin. weit gefehlt!
mein porter wartete gestern, wie vereinbart, um 13 uhr am main bus stand in mcleodganji auf mich.
zuvor war ich mit angela aus schweden (und finnland) um die residenz des dalai lama herumgewandert, die von stacheldrahtzaun eingezaeunt und von indischen soldaten bewacht ist.
einige der tibetischen besucher nahmen ihre muetzen ab und beruehrten die mauer mit ihrer stirn.
wir besuchten auch das tibetmuseum, das angenehm klein und ueberschaubar ist und mit eindrucksvollen bildern und texten die geschichte der vereinnahmung tibets durch china, des widerstands und des exils zeigt.
mein porter gab ein zeichen der wiedererkennung von sich, als ich am main bus stand ankam und deutete nach oben, gen himmel, worauf ich nickte. er nahm meinen rucksack, ich verabschiedete mich von angela, dann drehte ich mich um, und - mein porter war verschwunden. ich konnte ihn nicht mehr sehen!
ich dachte, der hat ja ein tempo drauf und wollte mich schon beeilen, um ihn zu erreichen, da deutete ein anderer porter nach oben (gen himmel), und ich sah meinen porter auf dem dach eines busses, wo er gerade meinen rucksack ordentlich verstaute.
sofort runterkommen, deutete ich mit haenden und fuessen an, und der andere porter sagte etwas abfaellig, dass mein porter kein englisch kann (und wollte damit andeuten, dass ich lieber ihn haette nehmen sollen).
beinahe waere mein rucksack also in pathankot oder so gelandet.
als sowohl porter und rucksack wieder auf dem erdboden waren, gingen wir los.
er voraus, ich hinterher, in seinen fussstapfen.
nach einigen minuten fing es an zu troepfeln, dann fing es an zu hageln, schliesslich fing es an zu schuetten. da waren wir aber schon so weit gekommen, dass wir in der naehe eines tea stalls waren, wo wir uns unterstellen konnten.
ich kaufte meinem porter einen tee. wir sassen ungefaehr zwanzig minuten da, mit vielen anderen menschen, die schutz vor dem regen gesucht hatten.
als es nur noch troepfelte, gingen wir weiter, einen sehr schoenen steinweg in einem wald. so gingen wir schweigend ungefaehr zwanzig minuten, dann fragte er: "come from?"
ich antwortete, und wir gingen weiter.
oben angekommen, war er natuerlich nicht zufrieden ueber das geld, das er von mir bekam (sagte aber auch keinen preis), doch ich hatte den wirt meines guesthouses nach dem angemessenen preis gefragt und nochmal 50% auf diese summe draufgelegt und eigentlich gedacht, dass er sich vielleicht freut oder so, aber darauf wartet man vergeblich.
man koennte schliesslich immer mehr geld geben und noch mehr und noch mehr. und "germany is a rich country", deshalb sagt man oft gar nicht so gern, dass man von da kommt.
ich gratulierte mir zu meinem entschluss in die berge zu ziehen. sass auf der terrasse (es regnete nicht mehr) und trank einen tee nach dem anderen, schaute mich um, streckte die beine aus.
ich waehlte schliesslich wegen des wetters nicht das zimmer mit den fenstern in drei himmelsrichtungen, sondern ein zimmer, das etwas geschuetzter lag und auch ein eigenes badezimmer (mit heisswasser und europaeischer toilette) hatte. ich ass ein sandwich, ich schaute die buecher durch, die dort auf einer ablage gestapelt waren.
ich hatte das gefuehl, im urlaub zu sein.
es kam ein junges deutsches paar an, die momentan die einzigen anderen gaeste in meinem guesthouse sind. schnell war ich in ihre abreiseprobleme verwickelt, denn sie muessen in ein paar tagen nach delhi, bloss wie usw.
es schien ein riesiges problem zu sein, dabei gibt es mindestens 30 verschiedene laeden in mcleodganji, die busfahrten nach delhi anbieten.
schliesslich entschieden sie sich fuer ein taxi, buchten, kamen dann wieder ins zweifeln, ueberlegten hin und her und diskutierten alle moeglichen wenns und abers, und ich diskutierte kraeftig mit.
fuer mich dachte ich: nachtbus deluxe und dann jugendherberge, das ist die beste loesung (so wie ich das naemlich mache). ich sagte es natuerlich auch, aber die beiden fanden den gedanken an eine jugendherberge offensichtlich nicht anziehend.
es war ziemlich kuehl. ich trug meine lange unterwaesche, drei schichten kleidung und die tibetische jacke (schoen, nicht doof!), die ich hier gekauft habe, sowie eine dicke wollmuetze. da ich in den fuessen fror, nahm ich ein heisses fussbad.
dann nahm ich auf der terrasse ein wunderbares, warmes abendessen zu mir und fiel ziemlich bald ins bett, schlief mit zwei schichten kleidung und drei decken, von denen die eine ungefaehr 5 kilo wiegt, tief und fest, bis der morgen kam.
nach dem fruehstueck (banana porridge und cheese sandwich) ging ich mit den beiden deutschen, die in berlin wohnen, zu einem anderen guesthouse in der naehe, weil es dort so schoene thangkas (tibetische mandalamalereien) geben sollte.
es war ein ziemliches luxusguesthouse, mit alten moebeln, ausblick auf die hoechsten schneegipfel, eingeglaster veranda, holzkamin, bibliothek, teppichen usw., aber die mandalamalereien waren ausgebleichte reproduktionen, und wir setzten uns hin und tranken kaffee und tee zu europaeischen preisen.
wir liessen uns die preisliste fuer die zimmer geben und schlackerten ziemlich mit den ohren, da ein zimmer ungefaehr ausserhalb der saison ungefaehr das zwanzigfache kosten sollten, was wir in sagar cottage bezahlen.
die besitzerin war aus england/irland, und war offensichtlich ziemlich gestresst. was die preise anging, so fand ich sie voellig unangemessen, und ich glaube sie auch, denn sie verwickelte sich selber staendig in rechtfertigungen, gab irgendwelche versprechungen ab (dass es billiger wuerde, wenn man laenger bleiben wuerde) und wurde am ende sogar pampig, als wir unsere getraenke getrennt zahlen wollten.
das ganze machte auf mich einen ziemlich unangenehmen eindruck.
ich wuerde sagar cottage sowieso gegen kein anderes guesthouse tauschen wollen. bijar, der dort arbeitet, ist ein wunderbar freundlicher und angenehmer mensch. man braucht nur sagen, was man will und gleich rennt er und holt es und bereitet es zu.
er hat ein schoenes laecheln. er ist ein ausgezeichneter koch.
als ich heute vormittag mit ihm auf der terrasse (es ist eine grasflaeche) sass (ich sass an einem tisch, er hockte in einer ecke mit ausblick auf das dorf baghsu), hoerte ich etwas, das wie kindergeschrei klang, und ich fragte ihn, ob das kinder seien.
er sagte, nein, jemand ist gestorben.
von oben konnte man einen grossen trauerzug sehen, der durch das dorf ging, und jetzt hoerte ich auch, dass es klageschreie waren und keine spielenden kinder.
er sagte, es war ein achtzehnjaehriges maedchen. sie ist in der nacht gestorben. sie war die kusine des tea stall besitzers ganz in der naehe von meinem guesthouse, bei dem ich gestern ein snickers gekauft habe, und er war deshalb heute nicht da.
jetzt bin ich in mcleodganji, um "letzte erledigungen" zu machen. morgen moechte ich gern eine wanderung zur schneegrenze machen, die durch ein gebiet mit bluehenden rhododendronbueschen fuehrt.
und dann faengt mein kurs an. ob ich mich vorher noch einmal melde, weiss ich nicht.
es geht mir jedenfalls gut, und ich hoffe, euch allen auch.

Freitag, 20. März 2009

die besonderheit von mcleodganji

die besonderheit von mcleodganji ist, dass man jedes mal, wenn man ein restaurant besucht, einen zettel und einen stift vorgelegt bekommt. darauf soll man seine bestellung notieren.
das erste mal sagte ich, was soll ich mit dem zettel, aber jetzt kenne ich mich schon aus und greife beim betreten des lokals sofort nach zettel und stift.
ich habe heute mit der schwedin angela (die uebrigens eine finnlandschwedin ist, was sich am ende unserer wanderung herausstellte, auf der wir ausschliesslich englisch sprachen) eine wunderbare ungefaehr sechsstuendige wanderung gemacht.
dabei habe ich auch ein guesthouse gefunden, in das ich morgen umziehen werde.
es ist etwa eine stunde fussweg (bergauf) von mcleodganji entfernt und liegt mitten in der natur. man hat aussicht auf viele berggipfel. das zimmer, das ich mir zeigen liess, hat grosse fenster in drei himmelsrichtungen.
ich muss mir morgen einen "porter" nehmen, weil ich mein gepaeck, das inzwischen ungefaehr 20 kg wiegt, nicht selber hochschleppen kann.
da es in meinem guesthouse ab morgen kein zimmer mehr fuer mich gibt, dachte ich, ich koennte gleich richtig zuschlagen und noch was besonderes machen.
nicht weit davon entfernt wohnt "meine" frau, bei der ich gestern minztee getrunken habe.
angela und ich versuchten auch heute, sie zu besuchen, aber sie war nicht zuhause. also assen wir mit zwei frauen und einem maedchen aus dem dorf eine packung kekse, die wir mitgebracht hatten, und gingen dann wieder zurueck. auch die bueffeldame war natuerlich wieder da (sie ist ja angebunden und kann nicht weg) und drehte uns heute neugierig ihren kopf zu.
ich kann zwar jeden tag nach mcleodganji kommen, aber ich verspreche erstmal keine taeglichen blogeintraege fuer die naechsten tage.
im "brothers in exile" ass ich eine nudelsuppe, aus gruenden der originalitaet. danach kaufte ich mir in der tibetischen baeckerei einen apfelkuchen.
im "green shop", wo man sehr schoene handgemachte tagebuecher aus recyceltem papier verkauft, begegnete mir eine franzoesin, die es fuerchterlich satt hatte, immer nur englisch zu reden (dabei verstand der alte mann in dem shop gar kein englisch) und sich gleich auf mich stuerzte, als sie merkte, dass ich ihren franzoesischen verzweiflungs-wortschwall verstand.
an einem dvd-stand kaufte ich zwei dokumentarfilme ueber tibet. der verkaeufer versprach mir, dass ich beim anschauen weinen wuerde, jedenfalls beinahe.
in meinem zimmer im "ladies venture" bildete sich ein feuchter fleck an der decke und ich ging, um bescheid zu sagen, aber der "mann fuer alles" sagte, das sei "no problem", das passiere andauernd, es sei irgendwas mit dem darueberliegenden badezimmer nicht in ordnung.
ich bin heute nicht vom weg abgekommen, bloss ueber einen stacheldrahtzaun geklettert, deshalb gibt es gar nicht so viel zu erzaehlen.
jetzt muss ich ein wenig arbeiten und hoffentlich geld verdienen.