Donnerstag, 2. April 2009

feuerpuja und wie ein lama redet

am letzten abend vor meiner abreise fand eine feuerzeremonie in tushita statt.
die kleine plappernde amerikanerin posaunte es raus, als ich schon im bett lag (hiermit sei ihr von herzen fuer ihre schwatzhaftigkeit gedankt!) und die sechs decken ueber mich gebreitet hatte.
(habe ich schon was ueber die haerte der matratzen geschrieben?)
ich also nach kurzem zoegern wieder raus, warme kleider an, hin zu dem moenchsgeraune, glockengelaeute und gescheppere und getrommele, das zuerst schwer zu lokalisieren war.
es kam von einem kleinen steinhaus, in dessen mitte man ein viereckiges feuer aufgebaut hatte.
an den waenden entlang sassen moenche, die sutren rezitierten und dazu ihre perkussionsgeraete schwangen. die beiden hoechsten moenche hatten auch kleine "schaedeltrommeln" (im national museum in delhi hatte ich gelernt, dass sie urspruenglich aus menschlichen schaedelknochen hergestellt wurden).
da die tibeter die buchbindekunst lange nicht kannten, werden die sutren immer noch auf losen blaettern aufbewahrt, die man in gelbe tuecher einschlaegt.
vor dem feuer sass auf einem improvisierten "thron" eine junge frau, in die farben der moenche und nonnen gekleidet, doch mit langem, zu einem pferdeschwanz zusammengefassten haar.
am naechsten tag erfuhr ich, dass sie ein hoch entwickelter yogi ist (die yogis sind elitemeditierer und scheren sich das haar nicht, sondern weben es nach der tradition zu einer dichten matte) und ausserdem ein medium.
ihr kam die zentrale rolle dieser feuerzeremonie zu.
zwei zeremonienmeister (ebenfalls in die traditionelle dunkelrote farbe gekleidete moenche, sie hatten sich weisse seidenschal vor mund und nase gelegt) reichten ihr auf tellern verschiedene dinge, die sie dann dem feuer "opferte", schwarzen sesam, reis (?), getrocknetes und auf eine besondere weise gewickeltes gras, eine besondere holzart, eine art fruchtsalat usw.
(am naechsten tag wurden reste der feuerpuja zum verzehr verteilt. es war eine art fettiges und ranziges brot, das nach irgendwas scheusslichem schmeckte, vielleicht nach yakbutter und das wir nur mit muehe, von lachkraempfen begleitet, kauen und hinunter schlucken konnten.)
ein anderer moench reichte ihr ein gestaenge mit kleinen schoepfloeffeln am ende, mit denen sie butter ins feuer giessen konnte, worauf dieses wieder so richtig aufflammte.
immer wieder wurde holz nachgeschichtet.
ueber der feuerstelle war ein viereckiges loch im dach, durch die hitze und rauch abziehen konnten. das haus war also wahrscheinlich besonders fuer diese art von zeremonie gedacht.
ich stand an der tuer, aber ich sah es an den gesichtern der studenten, die im raum sassen, dass es dort ganz schoen heiss wurde.
dieses monotone opfern und singen und laeuten und raunen ging also so vor sich hin, ohne jeglichen hoehepunkt, so dass man beinahe in einen zustand der trance geriet. das medium schaute jedenfalls schon ziemlich entrueckt aus. ich sah mir das ganze etwa eine stunde an, und als sich alles dann ungefaehr zum dritten oder vierten mal wiederholt hatte, dachte ich, jetzt kommt nichts neues mehr, und ging ins bett.
eines habe ich waehrend dieser zehn tage begriffen: ich war in meinem frueheren leben hoechstwahrscheinlich keine tibetische nonne, weil die langgezogenen rituale eine echte pruefung fuer meine geduld darstellen, so faszinierend sie auch sind.
die australische nonne erklaerte uns am naechsten tag, dass die feuerpuja eine reinigungszeremonie ist, die oft nach retreats angewendet wird, um zum beispiel nachtraeglich gutzumachen, wenn man irgendwelche mantras nachlaessig rezitiert hat.
eine interessante idee.
ich muss noch etwas ueber die rede von lama zopa schreiben, die er am naechsten tag in der grossen "gompa" (meditationshalle) vor einer riesigen buddhastatue mit gelbem lamahut hielt.
er hatte den seltsamsten vortragsstil, der mir jemals untergeokmmen ist. er wiegte den oberkoerper vor und zurueck, raeusperte sich, hustete, raeusperte sich wieder, sagte etwas unartikuliertes oder schwer verstaendliches, schwieg dann lange und starrte vor sich hin. dann wieder begann er scheinbar unmotiviert zu lachen, ein hohes, gluckerndes lachen, von dem er dann wieder unmittelbar in ernst verfiel, den oberkoerper hin und her schaukele, sich raeusperte, sich wieder raeusperte, hustete usw., drei stunden lang. zwischen diesen "unterbrechungen" entfaltete er seine rede ueber den ursprung der wirklichkeit in unserem geist, zitierte die rolling stones, brachte als beispiel fuer kurzfristige gluecksempfindungen lsd und das sog. "buddha grass", aeusserte aufrichtiges erstaunen darueber, dass manche menschen lust empfinden, wenn man sie peitscht und bewegte sich so vorwaerts, scheinbar unsystematisch und ohne plan, aber immer ganz frisch und als wuerde er selbst seine gedanken zum ersten mal sehen.
die devotion, die die anhaenger fuer ihren guru zeigen, war fuer mich ein wenig schwer zu ertragen. man darf in der gegenwart des gurus offensichtlich nicht aufgerichtet gehen und muss andauernd gebueckt hin und her laufen. wenn er einen weg entlang geht, dann wird der weg mit dem rauch eines raeucherstaebchens gereinigt.
waehrend der rede wurde tee ausgeschenkt, aber man darf ihn nicht trinken, bevor der guru nicht trinkt (was ich nicht wusste, deshalb habe ich meinen tee gleich ganz ausgetrunken), und wenn er ihn dann zu trinken beliebt, dann ist er schon ganz kalt.
aber ungeachtet dessen war lama zopa wirklich eine sehr beeindruckende erscheinung. ich glaube, ich habe noch nie jemanden erlebt, der so wenig versucht hat, jemand zu sein.

Keine Kommentare: