Donnerstag, 2. April 2009

rueckblick auf die klosterzeit

die klostertage sind vorbei. genau genommen ist tushita kein kloster, wenn auch moenche und nonnen dort leben. es nennt sich "meditationszentrum". soviel zur begrifflichkeit.
ich bin jetzt wieder in delhi, sitze bei "meinem" internetmann und fuehle mich beinahe zu hause.
was ich in den letzten zehn tagen gemacht habe: ich habe mir jeden tag dreieinhalb stunden ausgezeichneten vortrag ueber buddhismus angehoert (mit der moeglichkeit, fragen zu stellen).
der lehrer war australier, hatte aber einen schwedischen nachnamen.
in diskussionsgruppen habe ich mit fuenf anderen ueber fragen diskutiert wie:
Is there anything in our life that can give us lasting happiness?
Does the concept of karma seem plausible?
How would we best prepare for death?
Discuss the six perfections.
How would the understanding of emptiness affect our experience of meeting an irritating person?
Is it bad to want ourselves happy?
usw.
die fuenf anderen personen meiner diskussionsgruppe sind mir im lauf der tage ziemlich ans herz gewachsen (ein ire, ein inder, eine amerikanerin, eine argentinierin, ein deutscher und ich).
ich habe in angeleiteten meditationen meditiert ueber:
anger
death
attachment
loving kindness
impermanence
human perfection
usw.
die meditationen wurden von einer nonne geleitet, die auch aus australien kam.
ich teilte das zimmer mit einer hollaenderin und einer 19-jaehrigen highschool-absolventin aus amerika, die mit einer gruppe hier war, die alle ungefaehr das gleiche alter hatten und von der kraft der stille noch nicht viel begriffen hatten, da sie in allen pausen sofort anfingen, zu wispern, zu kichern, sich in zeichensprache zu unterhalten usw.
ausserdem habe ich einen einblick in die sucht der amerikanischen jugendlichen erhalten, ueberall "like" einzufuegen, auch wenn es sich um tatsachen handelt, also z.b.:
he was, like, there.
it, like, rained.
apropos regen. die ersten tage waren von unaufhoerlichen regenguessen gepraegt. die temperatur sank ziemlich tief nach unten, und in den naechten schlief ich unter sechs decken.
trotz dauerregen und richtigen wolkenbruechen herrschte in tushita wassermangel.
aus manchen wasserhaehnen kam gar kein wasser.
wenn man auf dem klo war, sollte man nur nachspuelen, wenn man sein "grosses geschaeft" erledigt hatte, und auch dann mit regenwasser, das in grossen tonnen bereitstand.
jeder kursteilnehmer musste sich in eine duschliste eintragen. jeden dritten tag stand einem eine dusche zu.
in der restlichen zeit konnte man sich nicht einmal waschen.
und so sahen die drei duschen aus, die ich in tushita nehmen durfte:
dusche 1: abends um 20:30 in bibbernder kaelte.
eine dusche ist natuerlich kein geschlossener raum, wo aus einem duschkopf heisses wasser rauskommt, sondern ein luftiger verschlag, und das wasser mischt man in einem eimer und kippt es sich dann ueber den kopf.
dusche 2: mittags um 12:30, was ich genial fand, zumal es an dem tag nicht regnete, sondern sogar die sonne schien und angenehme temperaturen herrschten.
leider duschte vor mir eine frau voellig ausser der reihe, und nicht nur das, sondern sie duschte richtig lang (in meine zeit hinein) und verbrauchte fast alles heisse wasser, so dass fuer mich nur noch wenig uebrig blieb.
dusche 3: morgens um 6:00, was ich auch genial fand, weil ich dachte, dann hat niemand die moeglichkeit, vor mir das ganze heisse wasser zu verbrauchen. um 5:00 lag ich schon wach im bett und bereitete mich auf den grossen augenblick vor.
als ich dann in der dusche war, kam aus dem heisswasserhahn ueberhaupt kein wasser. also wurde es eine kalte dusche. die haare wusch ich mir spaeter am tag mit wasser aus der regentonne, das so kalt war, dass ich zwischendurch immer wieder kurz pause machen musste.
meine arbeitsaufgabe war:
klo putzen.
was an sich nicht so schlimm war, da wir zu dritt drei toiletten teilten und die arbeit in einer viertelstunde erledigt ist.
bloss, wenn man mit anderen eine solche arbeit teilt (und nicht redet), dann ist das immer eine ziemlich interessante sache.
die eine frau fand nach ein paar tagen, dass es ihre aufgabe war, das regenwasser nachzufuellen, das waschbecken (mit dem wischlappen) auszuwischen und das klopapier aus den abfalleimern in die muelltonne zu kippen, waehrend das putzen der drei toiletten und das wischen des bodens uns beiden anderen zufiel.
mit anderen worten, ich bekam also ziemlich viel gelegenheit, mit meiner wut und irritation zu arbeiten.
jetzt hat der internetmann irgendeine fuerchterliche musik aufgedreht, und ich kann mich nicht mehr so gut konzentrieren und werde gleich schluss machen.
aber eine sache noch: gestern kam der spirituelle leiter des meditationszentrums, Lama Zopa, zu einem besuch und hielt einen dreistuendigen vortrag.
als ich am nachmittag auscheckte (frueher als die anderen, weil ich ja wegen meines flugs zurueck nach delhi musste), sagte die managerin des meditationszentrums zu mir:
what an end for your journey.
ich: was?
sie sagte: was fuer ein ende fuer deine reise. dass du am letzten tag noch den lama erlebst. du musst irgendwas richtig gemacht haben.
das war natuerlich im karma-zusammenhang gedacht.
als alle leute aufgereiht dastanden, viele anhaenger des tibetischen buddhismus mit weissen seidenschals in den haenden (sie waren extra herbeigeeilt, um den lama zu sehen), sagte der mann neben mir: willst du auch einen schal? ich habe noch einen.
er gab mir also einen weissen seidenschal, den er aus seinem rucksack kramte.
wie die anderen hielt ich den schal hoch, als der lama vorueberging.
jetzt habe ich einen gesegneten weissen schal in meinem gepaeck.
das ist wirklich ein schoener abschluss meiner reise.
ich habe aber noch viel zu erzaehlen. ich werde also heute noch einmal ein internetcafe aufsuchen. bis dann.

1 Kommentar:

Nati hat gesagt…

Puh! Irgendwas hat mich jetzt hier ganz tief gerührt/berührt... Fühl Dich ganz inniglich umarmt aus der Ferne von einer grad ganz Nahen ---- Und eine wunderbare Rückreise: möge der Schal wohlig um Dich sein!