Donnerstag, 12. März 2009

die gerueche von rishikesh

die gerueche von rishikesh sind schwer zu beschreiben. es ist eine mischung aus kuhfladen, raeucherstaebchen, dem scharf riechenden, bereits frueher erwaehnten putzmittel, und hier, in dem internetcafe, in dem ich gerade sitze, der rauch einer mueckenspirale.
auch das krishna cottage ist nicht ganz ohne dunkle flecken. heute morgen ging ich mit einem eimer heisses wasser holen. ich zahle fuer ein doppelzimmer mit eigenem bad 150 rupies (ca. 2 euro 50), deshalb finde ich es ganz ordnung, heisses wasser ein stockwerk weiter unten zu holen. wegen der bauarbeiten ist aber der boden in dem schmalen gang, der zum heisswasser fuehrt, aufgerissen, man muss also ueber die sehr schmalen raender balancieren, sich an der wand abstuetzen, bis man den eimer unter den hahn fuer heisses wasser stellen kann.
als ich krank war, hat jemand von der pension das fuer mich gemacht.
es kam ein duennes rinnsal. das kann ja lange dauern, dachte ich. da kam schon einer der jungen pensionsbetreuer und sagte bedauernd, "no hot water ma'm".
ich balancierte also wieder zurueck.
"half an hour, ma'm", sagte er dann.
indien heisst aber auch, dass eine halbe stunde eine stunde oder drei stunden bedeuten kann.
ich verliess mich trotzdem drauf, trabte nach einer halben stunde wieder mit eimer an. wurde mit einem flehenden blick empfangen und einem "no hot water ma'm".
ich liess mich dann auf zehn, elf uhr vertroesten, wusch mich mit kaltem wasser, was nicht so schlimm war und machte mich auf den weg zu meinem alten ashram, um einer oesterreichern, die ich dort kennengelernt habe und die mit mir wandern gehen wollte, zu erklaeren, warum ich so sang- und klanglos verschwunden bin.
wenn ich aus meinem guesthouse trete, komme ich erst an einem kleinen bauernhoefchen vorbei, mit kuehen und garten und kindern, und wenn ich dann links abbiege, komme ich an einem weiteren kleinen bauernhoefchen vorbei, auch mit kuh, hund, kind und einem sauber gefegten vorplatz.
ich begegnete einem franzosen um die fuenfzig wieder, der das ganze gesicht taetowiert hat und dessen linke koerperhaelfte etwas lahmt, weshalb er am stock geht, und den ich schon an allen moeglichen orten getroffen habe.
ich gruesste ihn, wir redeten ein wenig. er erzaehlte, dass er heute aus dem krishna cottage auszieht, weil es ihm zu teuer (!) ist und er eine lange zeit in rishikesh bleiben will.
das abflusssystem rishikeshs befindet sich zu einem grossen teil noch ueber der erde in rinnen, die die ganze stadt durchziehen (nicht der toilettenabfluss, wenn ich das richtig sehe).
auf dem weg zum ashram verirrte ich mich in einen anderen ashram, der einen sehr gruenen und lauschigen garten hatte, mit vielen baeumen und parkbaenken und einer menge affen.
die affenhorde machte gerade ihre morgengymnastik. sie kletterten in die aeste der baeume, liessen sich wieder fallen, jagten einander, fingen einander am schwanz, schwangen hin und her.
ein kleiner affe hatte ein besonders begehrtes spielzeug, ein stueck gelben stoff, den er wahrscheinlich von irgendeiner waescheleine geklaut hatte (alle yogaadepten in diesem ashram sind gelb gekleidet) und mit dem er hin- und herraste, verfolgt von den anderen affenkumpanen.
eine gruppe jugendlicher yogaadepten spielten in gelben huefttuechern und gelben hemden fussball.
die oesterreicherin traf ich nicht mehr an, aber meinen alten yogalehrer, der mir mit einer leopardengemusterten ohrenmuetze entgegenkam und die haende zum gruss gefaltet vors gesicht erhob.
es geht mir schon wieder ein wenig besser als gestern, aber ich muss mich immer noch ein bisschen schonen. verbrachte den vormittag nach dem fruehstueck im bett mit jean pauls "flegeljahre", eine wunderbare lektuere, und nicht ganz unpassend, weil er auch die reise eines naiven helden beschreibt.
die putzfrau kam und fragte, ob sie mein zimmer fegen sollte. ja, danke, sagte ich erfreut und raeumte alles weg, was so auf dem boden herumstand und -lag, und als die putzfrau (die eher ein junges maedchen war, vielleicht sechzehn) fertig war, sagte sie, "cleaning, ma'am, 10 rupies". es ist eine art gesetz in indien, dass ich fast nie kleingeld habe und ein weiteres gesetz, dass die anderen auch nie kleingeld haben. wenn immer ich also mit einem groesseren schein bezahle, dann verschwindet jemand damit, um ihn woanders umzutauschen. auch hier war es wieder so. man braucht sich aber keine sorgen machen. bisher sind immer alle wieder mit meinem geld wieder gekommen.
meinen zeh habe ich schon vor ein paar tagen von seinem polster befreit. danach hing der abgerissene zehennagel eine weile ein bisschen bloed herum, bis ich ihn mit dem nagelknipser abknipste. es ist zwar immer noch ein schwarzer bluterguess an der stelle, aber er ist nicht mehr empfindlich.
eine junge frau verlaesst das internetcafe und ruft ihrem freund auf englisch zu, "hast du auch interesse an dem vortrag heute abend ueber yin-yang-diaet?" er hat.
gerade spielt der internetmann ueber ein paar kleine lautsprecher eine version des "erbarme dich" aus der mattaeus-passion von bach. es ist eines der schoensten musikstuecke, die ich kenne und bestaetigt mir gleich wieder, dass mein herz einfach in europa zuhause ist.

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