Dienstag, 17. März 2009

der verlust eines guesthouses und letzte station

liebe leser, die ihr es bis hierher ausgehalten habt! ich bin an meiner letzten station angekommen:
dharamsala. hier bleibe ich, bis es wieder zurueck nach delhi geht und dann zum flughafen. aber so weit bin ich noch nicht.
gestern abend in chandigarh habe ich mein guesthouse verloren.
dazu muss ich aber vielleicht erst erklaeren, wie ich es gefunden habe. ich hatte aus dem guidebook eine hotelempfehlung herausgesucht und liess mich von dem wiederstrebenden fahrradrikschafahrer dorthin fahren. er sagte, "fully booked", ich glaubte ihm aber nicht, weil ich den rikschafahrern irgendwie nicht so viel glaube, was natuerlich furchtbar ist, denn manchmal sprechen sie die wahrheit.
erst mal haute es mich vor dem hotel auf die schnauze und der rucksack fiel mir ueber beide ohren. ich rappelte mich wieder auf und kletterte die treppe des hotels hoch, um mir sagen zu lassen, das hotel sei "fully booked", es gaebe aber einhundert meter weiter ein hotel, in dem zimmer frei waeren.
als ich aus dem hotel ins freie trat, sprach mich ein lauernder mann an, ob ich ein guesthouse suche.
ich sagte natuerlich nein, weil ich in indien zu einem menschen voller misstrauen geworden bin.
der kleine lauernde mann liess mich aber nicht allein, folgte mir und wiederholte seine frage, bis ich ihn endlich anschnauzte, er solle mich jetzt in ruhe lassen, ich wuesste schon was, naemlich das hotel so-und-so.
ich ging zum empfohlenen hotel, liess mir ein scheussliches zimmer zeigen, einen horrenden preis sagen (der bereits die reduktion eines noch horrenderen preises war) und stand wenig spaeter wieder auf der strasse, so ziemlich am ende meines lateins. sollte ich vielleicht den nachtbus nach dharamsala nehmen? ein schrecklicher gedanke.
da tauchte der kleine lauernde mann wieder auf. taeuschte ich mich oder war in seinem gesicht ein gewisser triumph zu lesen?
guesthouse, ma'm?
na gut, sagte ich und schluckte meinen stolz hinunter, zeigen sie mir mal, was sie auf lager haben.
also fuehrte er mich ueber die strasse, in ein ruhiges wohnviertel hinein, wir bogen einmal rechts ab, dann wieder (oder links) und dann standen wir vor dem guesthouse, von dem ich gestern geschrieben habe.
der kleine mann begleitete mich dann noch einmal zurueck, zeigte mir den weg, und dieser war pipi-einfach, das viertel wirkte wohlhabend und gar nicht gefaehrlich. moppelige hunde sassen vor gartentoren, kinder spielten, frauen und maenner spazierten herum.
als ich dann, nach essen und internetbesuch, wieder zurueck wollte, fand ich das guesthouse nicht mehr.
ich ging ueber die strasse, in das wohnviertel hinein, dann einmal rechts, und dann wusste ich nicht mehr weiter. jetzt links oder rechts? ich probierte alles aus, aber ich fand einfach das guesthouse nicht.
um jetzt ein gestaendnis ueber mein leicht seltsames gehirn abzugeben, muss ich vielleicht einfuegen, dass ich kurze zeit sogar dachte, sie haetten das guesthouse-schild nur aufgehaengt, um mich zu taeuschen und einzufangen, und jetzt haetten sie es wieder weggetan, weshalb auch immer, um meine schmutzwaesche zu klauen?
ich fragte vater und sohn sikh, die ihren turban schon abgemacht hatten und mit barem haarknoten im garten ihres hauses mit irgendwas beschaeftigt waren (es war schon dunkel), aber sie konnten mir nicht helfen, was sie jedoch in ausgezeichnetem englisch formulierten.
als ich schliesslich noch ein wenig herumgeirrt war, fragte ich eine sikh-familie, einen mann und eine frau mit einer kleinen tochter, die einen mit kleinen spiegeln bedeckten anzug anhatte.
die frau wusste bescheid, und die familie begleitete mich zu meinem guesthouse. natuerlich gab mir der mann den guten rat, ich sollte naechstes mal die adresse aufschreiben...
und so sah das fruehstueck aus, das ich in meinem guesthouse zu mir nahm und das aus zitronentee und buttertoast bestand: heute morgen war ich also am long-distance-busbahnhof von chandigarh. wieder ein indisches wunder an sauberkeit und klarheit. ich konnte sogar einen jungen mit einem zucken meiner augenbrauen dazu bringen, eine serviette wieder aufzuheben, die er soeben auf den boden hatte fallen lassen.
ich hatte glueck: der bus fuhr bald ab, ich hatte einen sitzplatz und etwas miniproviant in meinem rucksack.
punjab gefiel mir eigentlich immer besser, je weiter noerdlich wir kamen. in meinem reisefuehrer hatte ich gelesen, dass dieser teilstaat relativ wohlhabend ist, was auf den einfluss der sikh zurueckgefuehrt wird, die hier wirklich das strassenbild beherrschen, obwohl sie nicht die majoritaet der bevoelkerung darstellen.
ab und zu kamen uns jetzt schon phantasievoll angemalte lastwagen aus himachal pradesh entgegen, und ich bekam ein gutes vorgefuehl.
ich teilte meine sitzbank zuerst mit zwei sich sehr ausbreitenden maennern, dann mit zwei sich zusammendrueckenden frauen mit kleinem kind.
der fahrer trug einen fliederfarbenen turban, hatte sich seinen vollbart schwarz gefaerbt und war so sehr in seine hupe verliebt, dass ich zum ersten mal in indien meine gehoerschutzstoepsel aus der tasche kramte.
ich wusste nicht genau, wie lange die busfahrt dauern wuerde. da ich aber bisher, wenn ich leute nach sowas gefragt habe, nie eine zutreffende antwort bekommen habe, beschloss ich, einfach abzuwarten. alles zwischen sechs und neun stunden erschien mir moeglich, fuer eine strecke von 250 km.
dann endlich fuhren wir in die berge, und mir ging das herz auf. hier gefiel es mir. es gab gepflegte haeuser, gepflegte gaerten, eine wunderbare landschaft, es gab gruen und blumen und grosse steine, taeler, gewaesser, menschen, die irgendwie zufrieden aussahen, und auch die kuehe und ziegen machten wieder einen zufriedeneren eindruck.
es gibt hier eine neue erscheinung, die ich aus suedindien noch nicht kenne: es sind die fliegenden busverkaeufer. einer hatte einen ganzen gemischtwarenladen von naehzeug bis taschenlampe in seiner umhaengetasche. ein anderer verkaufte wortreich ein mittel zur wasserreinigung (da ich kein hindi kam, ist das der schluss aus der tatsache, dass er das wort "pani" fuer "wasser" sehr oft verwendete und dann kleine weisse plastikflaeschchen aus der tasche zog). ein dritter verkaufte eine "maschine" (das war jedenfalls das wort, das er dafuer verwendet), mit der man aus orangen und zitronen den saft direkt extrahieren kann, ohne sie also aufzuschneiden und auszupressen.
eine solche "maschine" kaufte ich mir.
zum essen kaufte ich mir eine geschaelte und geschnittene gurke mit salz und kraeutern mit zitronensaft auf einem blatt, was sehr gut schmeckte, und eine mischung aus frittierten linsen, roten zwiebeln und einer art selleriewurzel (und natuerlich chili), auch mit zitronensaft, serviert auf einem stueck zeitungspapier. als esswerkzeug bekam man einen kleinen karton. auch das schmeckte sehr gut.
dann war ich in dharamsala, fuhr mit dem bus weiter nach mcleodganji, suchte ein guesthouse (auch das eine lange geschichte), fand ein bett im angenehmen "ladies venture" und werde morgen dort in ein eigenes zimmer umziehen.
mcleodganji ist ein freundlicher ort, es sind viele traveller auf der strasse unterwegs, aber auch viele tibetische moenche. viele exiltibeter leben hier, und ich ass eine tibetische nudelsuppe in dem kleinen sympathischen lokal mit dem namen "brothers in exile", das etwas wie ein musikrestaurant ist (die brueder haben auch eine eigene cd herausgegeben).
mein guesthouse, in dem ich ein bett im mehrbettzimmer bezogen habe, liegt neben einem nonnenkloster. es gibt tibetische buchlaeden, buddhistische buchlaeden, "normale" buchlaeden, man kann alle moeglichen dvds mit buddhistischen filmen kaufen, es gibt restaurants mit "original italian food", es gibt einen "green shop" mit ausschliesslich umweltfreundlichen artikeln.
und ich habe die ersten schneebedeckten gipfel des himalaya gesehen.
kurz, es gefaellt mir hier, ich bin froh, hierher gefahren zu sein, und ich werde die naechsten tage noch mehr berichten, bevor ich dann ins kloster einchecke.

2 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

jaja - jetzt, wo ich mich ans "Blogg-reisen" mit Dir gewöhnt habe, drohst Du das Ende an... wie schade... jte! n

Sabine Neumann hat gesagt…

ja so ists, never get attached, aber es gibt ja noch viele tage, die wir gemeinsam haben...