Mittwoch, 14. Januar 2009

pongal

heute sind wir zurueck in der stadt, und ich sitze in einem schwuelen und laermenden internetcafe. es ist schwer, in dieser umgebung etwas von den erlebnissen der letzten tage zu erzaehlen.
niemand kommt nach indien, ohne veraendert zu werden.
wir wohnten im sacchadinanda ashram, einem ashram, der der begegnung von westlicher und oestlicher spiritualitaet gewidmet ist, wenn man das so bombastisch sagen kann.
wir wohnten ganz einfach. ich teilte meine kammer mit ein paar fledermaeusen und vielen muecken, hatte aber ein moskitonetz, das die muecken und die fledermauskacke abhielt, so dass ich gut schlief.
die tage begannen um fuenf uhr morgens, mit angelus und anschliessender meditation, und ab neun uhr abends war stille. auch waehrend des tages gab es stille zeiten. es war einem freigestellt, wie viel man an dem tagesablauf teilnehmen wollte, und ich schlief meistens laenger und ging dann gleich zum fruehstueck.
man ass im sitzen und wer wollte, servierte das essen fuer die anderen. das essen war auch sehr einfach. am morgen eine art reisbrei oder reispfannkuchen (dhosa) oder gedaempfte reisfladen (idly), dazu eine linsensosse (sambal), mittags reis und verschiedene sossen und gemuese, abends wieder reis und sosse. dazu gab es immer bananen, die auf dem gelaende des ashrams wachsen.
im ashram leben neun benediktinermoenche, die die gelb-orangefarbene kleidung der indischen sanyassins tragen. die meisten besucher kommen aus dem westen. der ashram unterhaelt auch etliche sozialprojekte im nachbardorf, z.b. ein altersheim, eine naehausbildung fuer junge frauen, 450 eier zweimal die woche fuer die kinder, freies schulmaterial fuer die aermeren kinder etc. ausserdem sind 25 dorfbewohner im ashram angestellt. der aufenthalt kostet nichts, aber man wird gebeten, eine spende zu hinterlassen.
es ist eine ganz besondere atmosphaere dort, schwer zu beschreiben. wenn man dort ist, kann man sich gar nicht vorstellen, jemals wieder zurueck in die stadt zu kommen.
und dann ist man hier, und schon ist das andere so unwirklich, weit entfernt.
heute wird in tamil nadu pongal gefeiert, ein erntedankfest, einer der groessten feiertage im jahr. ich ging nach dem fruehstueck ins dorf und wurde von allen leuten mit "happy pongal" begruesst.
pongal findet an drei tagen statt. am ersten tag ist house pongal, am zweiten tag ist cow pongal, am dritten tag ist play pongal.
am ersten tag werden die haeuser geschmueckt. schon tage vorher haben die leute geputzt, alles hinausgetragen und vor dem haus gewaschen.
vor die tueren streuen sie an diesen tagen besonders praechtige und farbenfrohe kolams, das sind grossflaechige ornamente, die mit reismehl gestreut werden. das ist normalerweise die aufgabe der frauen. sie machen es im morgengrauen, und es soll das haus schuetzen und wohlstand bringen.
seit tagen wird auf den strassen farbpulver in kleinen beutelchen verkauft.
die leute gehen an pongal zum fluss, um sich zu waschen. alte maenner sind mit seifenstueckchen und zahnbuersten unterwegs. die frauen gehen mit ihren kleidern in den fluss, waschen sich das haar. auch fahrraeder und autos werden gewaschen. auf der strasse hatte jemand geschrieben:
the night is beautiful
friends are helpful
pongal is joyful
morgen ist cow pongal. die kuehe werden gewaschen und mit bunten farbflecken und baendern geschmueckt. es wird ein besonderer brei gekocht, der pongalreis heisst. es gibt ihn in verschiedenen varianten. er ist ein wenig suess und sehr naehrreich. die kuehe bekommen ihren pongalreis zuerst serviert, auf bananenblaettern, dann essen die menschen. wer keine kuh hat, schmueckt seine ziege.
ich habe versucht, ein paar bilder hochzuladen, es hat aber nicht funktioniert.
am letzten tag, play pongal, werden im dorf spiele und wettkaempfe veranstaltet. fahrbahnen werden abgesperrt, und es ist nicht ganz einfach, mit dem auto voranzukommen.
ich habe heute im dorf ein paar kinder getroffen, von denen ich vor zwei jahren fotos gemacht habe. ich hatte die bilder dabei und gab sie ihnen. natuerlich wollten alle kinder bzw. alle dorfbewohner von mir fotografiert werden. ich lief mit einer ganzen wolke kinder durch das dorf. ich hatte ein paar stifte dabei, die ich verteilte, aber natuerlich gibt es immer ein kind, das enttaeuscht ist, weil es nichts bekommt. andere sind schlau und strecken einmal die rechte und einmal die linke hand vor.
die dorfbewohner sind stolz auf ihre kolams und freuen sich, wenn man sie fotografiert. ein mann wollte neben seinem frisch gewaschenen auto fotografiert werden.
jetzt ist meine stunde abgelaufen, aber morgen melde ich mich wieder.
schoene gruesse an alle, die das lesen!

1 Kommentar:

KP hat gesagt…

Schön, in diese Welt einzutauchen. Hier ist alles anders. Es ist kalt, die Seen alle zugefroren, die Farben sind weiß und braun. Rituale von weisen alten Männern werden aber auch gepflegt, zum Beispiel das Eisstockschießen ("Manfi, den Sechser kriagst no!" als Mantra). Werde morgen "ice is joyful" in die gefrorene Fläche ritzen und eine Banane essen. Liebe Grüße!